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Sub umbra alarum tuarum protege me.
Ps. XVI.
Beschirme mich unter dem Schatten Deiner Flügel.
Wach' auf, mein Saitenspiel, der stummen Nacht entsage.
Er kommt, dem unser Herz entzückt entgegenschlägt,
Der Tag, der schönste aller Tage,
Der ihren süßen Namen trägt.
O Jungfrau, schon dem Kind hat Dich in Schönheit blühend
Und rein ein Gott gezeigt, Dich durft' im Traum ich sehn;
Wie einen weißen Stern, durch Wolkenschleier glühend,
Sah frühe schon ich Dich an meinem Himmel stehn.
»Du, meine Hoffnung!« – wagt' ich damals Dir zu sagen:
»O theil' ein Glück mit mir, das nie vergeht, mein Licht!«
Denn die Vergangenheit, in jenen kind'schen Tagen,
Verdunkelt hatte sie die Zukunft mir noch nicht.
Der süßen Flammenglut war ganz mein Herz ergeben,
Weh' um die schöne Zeit, die, ach, so rasch verfliegt,
Wo eines Kindes Glück mein Leben
Noch war, das spielend sich in Liebesträumen wiegt.
Vor seinem Opfer hat das Schicksal sich erhoben,
Und weckt den Träumer, der an Unglück nie gedacht,
Tritt ihm vor's Auge, das der Hoffnung Strahl umwoben,
In schrecklicher Gestalt und grinst ihn an und lacht.
Wenn der Unglückliche des Lebens Kelch soll leeren,
Der bittern Wermuth ach, und Galle nur enthält, -
Was, ohne der Geliebten Zähren,
Bleibt ihm noch übrig in der Welt?
Wenn Blumen um die Stirn sich winden frohe Gäste,
In Sack und Asche muß er fliehn, betrübt und bleich:
Der Freudenbecher seiner Feste
Sieht einer Todtenurne gleich.
Wie ein erloschnes Licht, umnachtet ist sein Leben,
Den Leidenden verstößt die Welt, er ist im Bann;
Allein zum Himmel hebt sein Aug' er ohne Beben,
Das Auge thränenschwer, das doch nicht weinen kann.
Doch Du, o Jungfrau, komm', erhöre meine Bitten,
Den Giftpfeil zieh' mir aus, und lindre meine Pein;
O tröste, – liebe mich! Genug Hab' ich gelitten,
Sei Du mein eigen, laß mich ganz Dein eigen sein!
Mir holder Sonnenschein sei Deines Lächelns Schimmer;
Die Liebe nur beglückt! Noch bin ich nicht verzagt,
O komm, entrissen ist das Licht mir nicht für immer,
Nacht ist's um mich, doch seh' ich schon, wie hell es tagt.
Ich singe nicht um Ruhm, er wird mich nie bethören,
Und wird mir diese Last, – o schrecke nicht zurück:
Nie wird des Gatten Ruhm, – deß sei versichert! – stören
Der Gatten stilles Liebesglück!
O laß uns selig sein am häuslich stillen Herde,
Vor aller Welt versteckt sind wir uns selbst genug!
Die Schlange, kriechend an der Erde,
Schreckt nicht zwei Vögel, die zum Himmel trägt ihr Flug.
Doch wenn mein Lebenslenz, der stürmische, Du zarte
Jungfrau, Dir scheint bedroht von Schrecken und Gefahr,
Dann fliehe, Theure, die mir Gattin war! – Erwarte
Du mich, die meine Mutter war!
Bald werd' ich schlafen, fern dem eitlen Prunk der Ehre,
Zufrieden, glücklich in der Nacht, die mich umschlingt.
Wenn auf mein einsam Grab fällt eines Wandres Zähre,
Dem mein verschollnes Lied noch spät im Ohre klingt.
Doch Du, – nie mögen Dich bedrohn umwölkte Tage,
Und denke seufzend nie und nie mit stiller Reu'
An den, der ruhig ist gestorben ohne Klage,
Und Dich geliebt so heiß, so treu!