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O Muse, die du mir auf einer langen. gefahrvollen
Laufbahn eine freundliche Stütze gewesen, kehre nun in
die himmlschen Wohnungen zurück! . . Lebewohl, du Trö-
sterin meines Lebens, die du meine Freuden mit mir theiltest,
ach, und weit öfter noch meine Schmerzen!
Chateaubriand, die Märtyrer
Ja, leg' auch du die Leier nieder!
Was gilt der Gott, der deine Lieder
Durchflammt, der Welt gemeinem Troß?
Sie lachen, singst du ihm zur Feier!
Zerbrich sie, die verhöhnte Leier!
Steig' ab vom Wagen ohne Roß!
O himmlisches Gefühl des Dichters, dem von Ferne,
Weg über Grab und Tod, sein Ruhm, gleich einem Sterne,
Aus später Zukunft hell im Geist entgegenblinkt!
Von hoher Warte schaut er aus in alle Weiten,
Und sieht die Nachwelt, die ihm freundlich lächelnd winkt,
Und tausend Echo's weckt im tiefen Schooß der Zeiten
Sein Name, wie ein Stein, der in den Abgrund sinkt.
Der Himmel steht mir, ach, nicht offen;
Nicht auf die Nachwelt blickt mein Hoffen,
Klanglos ist meines Namens Hall;
Mein Lied, bei Sturm und Blitzesfunken,
Ist in den Strom der Zeit gesunken,
Wie Lilien in den Wasserfall.
Doch rein und ohne Schuld ist meine süße Muse;
Der Stern von Bethlehem lacht ihr mit holdem Gruße.
Dem Sterne ging ich nach, den Hirtenkön'gen gleich.
Der Herr hat mir geschenkt die Gabe seiner Stimme:
Denn ihn vergißt sein Volk oft, schläfrig, träg und weich.
Mag weinen, trösten, mag den Schlechten drohn im Grimme
Mein Lied, ein Adler fliegt es auf ins Sonnenreich!
Mein Geist, getränkt in lichten Höhen,
Steigt von Ideen zu Ideen.
So stießt des Wassers edler Thau,
An dem sich labt der Sohn der Wüste,
Zum Strom, vom Strom zur Meereslüfte,
Vom Meer hinauf ins Himmelblau.
Ihr Heerde ohne Glut, ihr Blumen ohne Düfte,
Ihr Menschen! – Ach, zum Flug nicht taugen diese Lüfte,
Zu eng ist diese Welt, ihr Hauch nur Angst und Qual.
Alltagsgeräusch ist euch der hohe Klang der Lieder,
Ich trinke Wermuth, trinkt ihr Meth aus dem Pokal!
Liebt, was ihr einmal liebt, bekämpft, was euch zuwider,
Ihr, deren Auge blind für jeden Himmelsstrahl!
Laut ließ ich meine Stimme schallen,
Doch nirgends will sie wiederhallen;
Und meiner Erzdrommete Ruf
Dröhnt' in den Seelen, den gemeinen,
Nur dumpf, wie auf den Pflastersteinen
Erschallt des flücht'gen Rosses Huf.
Umsonst des Ew'gen Zorn ließ ich im Liede sprechen,
Umsonst versucht' ich sanft des Sünders Trotz zu brechen,
Und: »Gnade!« rief umsonst ihm des Erlösers Mund:
Ob streng, ob mild mein Lied den Menschen kam entgegen,
Ob es der argen Welt, der undankbaren, kund
Sich gab als sanfter Thau, ob als Gewitterregen, –
Kein Blümchen hob das Haupt, kein Unkraut ging zu Grund.
Dem Grab entrinnt kein irdisch Wesen;
Weg rafft den Guten, wie den Bösen
Die unerbittlich strenge Macht.
Wer will dem Höchsten widerstreben?
Dem Zelte gleicht des Menschen Leben,
In dem er schlummert vor der Schlacht.
Ihr Sterblichen, das habt im Wahn ihr oft vergessen:
Des Lebens Urne ist nicht Allen vollgemessen.
Doch schlürft gedankenlos hinunter nur den Trank,
Genießt die Früchte, die am Abgrund ihr gefunden!
Die Thoren! Bricht zuletzt ihr Auge, matt und krank,
Dann klammern sie umsonst sich an die letzten Stunden,
Wie an die Trümmer, wenn das Schiff im Sturm versank!
Lebwohl! – Geh' ein zum Himmelsthore,
O Muse, sing' im heil'gen Chore
Nun fröhlich mit und hell und klar!
Der Menge hast du nie gefallen!
So laß den Vorhang niederwallen,
Und hüll' in Schatten den Altar.
Hier bring' ich Dir, o Herr, den Zweig der Hoffnung wieder,
Die heilgen Waffen leg' an Deinem Thron ich nieder.
Ich habe nicht erreicht, wozu mich rief die Pflicht.
Oft hält ein junger Aar, den Stürme wild umtoben,
Auf einmal inn im Flug zum goldnen Sonnenlicht.
Zur Erde fährt herab ein Blitzstrahl oft von Oben,
Und kehrt dahin zurück: – gezündet hat er nicht!