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Domestica facta.
Virgil
Weh, eine Leier nur, und nie wird mir ein Degen!
Im Dunkeln immer soll mein Leben sich bewegen?
Und folgen soll ich nie im Feld der Helden Spur? ..
In Strophen darf ich nur ausschütten meine Klage,
Mit leeren Träumen, ach, vergeud' ich meine Tage,
Und all mein Herz in Liedern nur!
Erwacht ist Hellas, das mit seinen Zwingherrn rechtet,
Den Christenkön'gen zeigt sein Kreuz es, schnöd geknechtet,
Ein Hülferuf erschallt vom spanischen Gefild.
Was auch das Volk gefehlt, erwacht ist sein Gewissen!
Verwaist, dem Kinde gleich, der Mutterbrust entrissen,
Verlor sein alter Thron des alten Rechtes Schild.
Oft, Vater, griff ich schon im Traum nach Deinem Degen,
Ins Land des Cid hinab stieg ich auf steilen Wegen
Mit unsrem Heer. Die Lust zum Kampf war ohne Maß.
Nach Hellas zog ich: ha, Spartaner, Ihr sollt sagen:
»Zwar kein Tyrtäus war der Franke, doch geschlagen
Hat er sich wie Leonidas!«
Ach, eitle Träume! – Doch der Dichter bleibt dem Helden
Getreu, und ist bereit, sein Lob im Lied zu melden,
O Vater, und der Schaar, die treu Dir war wie Gold.
Ob Führer, ob Soldat, – es schmückt mit ew'gem Ruhme
Der Dichter Euch das Haupt, ihr Sieger! – Jeder Blume
Des Frühlings, doch zumeist dem Lorbeer ist er hold.
Des Kampfes Palme raubt Euch Niemand, ihr Franzosen!
Selbst unterm Zwingherrnjoch noch bliebet Ihr die Großen;
Den großen General, Ihr habt ihn groß genährt.
Unsterblich ist er nur durch Eures Ruhmes Strahlen,
Und unauslöschlich steht sein Nam' in den Annalen
Der Welt: es schrieb ihn Euer Schwert.
Ein Blatt an jedes Volks Geschichte umgeschlagen
Hat Er. Die Fürsten spannt' er vor den Siegeswagen,
Vernichtung gab der Herr in seine blinde Hand.
Schwer unter seinem Druck hat alle Welt gelitten;
Die Reiche schwanden jäh hin unter seinen Schritten,
Wie eines Kindes Schrift verwischt im Ufersand.
Das Schicksal schmeichelt' ihm: dann hat es ihn zerbrochen!
Wie mocht' er auf sein Glück, so schwank und morsch, doch pochen
In seinem Stolz, auf den stets folgt der jähe Fall?
Unglücklicher, wie konnt' in Deinem Hirn erwachen
Der übermüth'ge Wunsch, Fußschemel Dir zu machen
Aus den zerschellten Thronen all?
Es kam sein Tag. Er floh. Nur Fetzen noch und Streifen
Von einem Heere sah nach Frankreich man ihn schleifen,
Geschütz und Roß und Mann, entronnen kaum dem Streit.
So stürzt ein Adler, den die Kugel traf, hernieder
Aus Himmelslüften und es flattert sein Gefieder,
Das blutige, vom Wind verzettelt weit und breit.
In Staub und Asche ruht er nun, verdorrt und hager;
Kein Hof von Kön'gen mehr umsteht sein Kriegerlager,
Und harrt, bis er empor aus seinen Träumen fährt.
Europa, das sein Arm so lange hielt gebunden,
Es sitzt vor seinem Zelt nicht mehr, und zählt die Stunden,
Wie lang sein finstrer Schlummer währt.
Franzosen, nehmt zurück den Ruhm, den Andre nahmen.
Lang blitzt' Ein Degen nur, es tönte nur Ein Namen,
Und bis zum Ueberdruß gesungen ward sein Lob.
An seinem Staube meßt nun seiner Höhe Spitzen!
Wer siegte nicht, bewehrt mit Eures Adlers Blitzen?
Groß ist, wen Euer Arm hoch auf den Schild erhob.
Heut krönt noch Euer Haupt des Brennus Stern mit Schimmer,
Zu seinen Festen lädt der Sieg Franzosen immer,
An ihrer Ruhe hängt der Frieden einer Welt.
Mit seinem Banner zog stets nach dies Volk den Schritten
Moreau's, Condé's, Xaintrailles'; und bracht' es, arg zerschnitten,
Zerfetzt, doch immer heim vom Feld.
Du, Vater, falte nun Dein Wanderzelt zusammen,
Von Deinen Fahrten laß uns bei des Abends Flammen
Vernehmen, hier im Kreis der Deinen enggesellt.
Zwar Schätze ließest Du uns nicht, sie sind geschmolzen,
Doch Deine Söhne sind zufrieden mit dem stolzen
Erbtheil: Dein Name strahlt in Ehren vor der Welt.
Ich sehe, leider, und es will mein Herz beengen,
Bestaubt, an morscher Wand, Dein edles Rüstzeug hängen,
Und Deine Fahne hält des Schlafes Zauberbann.
Mein Roß, das da nur schnaubt, wo Liederkämpfe schallen,
Steht unter'm Schirm und Schutz zerfallner Säulenhallen;
Der Rost verzehrt Dein Kriegsgespann!
So mag Dein Schwert denn Glanz verleihen meiner Leier
Und meiner Stimme Klang, die singt zu Deiner Feier,
Wenn in sein Saitenspiel die Hand des Sohnes greift.
Von Deinen Schlachten sing' ich heute noch wie gestern,
Stolz, wie ein Knabe, der, zum Schrecken seiner Schwestern,
Des Vaters Säbel nach mit schwachen Händen schleift.