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33

Es gelang Hal, die Träumende, – ohne daß sie es gewahr wurde, – von der Gegend des Schilfteiches wegzuführen und sie nach Whitehall zurückzubringen. Sie hatten den Blumengarten bereits erreicht, und von dort aus konnte Hal Arbella's Fenster sehn. Nur durch dieses Fenster war für sie die Rückkehr möglich, wurden doch sämtliche Türen auf dieser Seite des Palastes für die Nachtstunden verschlossen. Ein Glück, daß das Fenster noch offenstand; – sonst hätte er die Halbnackte um das Schloß herumführen und am Hauptportal für sie Einlaß erbitten müssen, hätte die wachhabenden Hellebardiere mit einer Goldbörse bestechen müssen, ohne Gewähr dafür, daß es wirklich geheim bliebe ... Ein Glück auch, daß die Hellebardiere sich diesseits nicht blicken ließen.

Hal glaubte daher, es wagen zu können, über den freiliegenden Rosengarten zu gehn, wo einige Büsche, aber keine Bäume standen. Bis zum Marmorbecken waren sie gelangt – kaum dreißig Schritt noch waren sie vom Fenster entfernt –, da bog um die Palastecke eine von einem Offizier geführte Ronde. Im selben Augenblick packte Hal Arbella um die Hüfte, zerrte – trug sie fast – hinter ein Gebüsch, kniete nieder und zwang auch sie zu knien; – denn niedrig war das Gebüsch. Die Ronde, die nichts hiervon bemerkt hatte, schritt gleichmäßig an der langen Front vorbei und entschwand schließlich um die andere Ecke des Palastes. Die dumpfen Schritte verhallten.

Nicht seinetwegen, sondern der Geliebten wegen hatte Hal vor Schrecken den Kopf verloren: er hatte sich hinreißen lassen, eine Schlafwandelnde rauh anzupacken, allerdings in der Absicht, sie zu verbergen. Davon war sie erwacht. Als die Ronde entschwunden war und Hal sich erhoben hatte, blieb sie wie versteinert vor Scham auf den Knien und bedeckte ihr Gesicht mit ihrem schweren Haar.

»Die Ronde ist fort, Harpy ... Steh schnell auf! ... sie könnte wiederkehren ...«

»Wie komme ich hierher? Hal?«

»Ich fand dich im Park ... wie fiebernd ... Ich brachte dich her.«

»Hättest du mich doch dort gelassen! ... Wie durftest du! ...«

»Wo dort? ...«

»Du mußt wissen, Hal, meine Seele kam in meinen Leib zurück ... Ich schlafe nicht mehr wie eine Ratte.«

»Lauf doch schnell in dein Zimmer, Harpy! ... Stell dir doch vor, wenn man dich so findet!«

»Schlimm genug, daß Sie mich so fanden, mein gnädiger Lord! ... Wie durften Sie! ... Wie durften Sie! ... Doch mehr noch vergehe ich vor Scham, weil ich nicht weiß, was ich geredet habe.«

»Nichts, worüber Sie zu erröten hätten, Harpy.«

»Sagte ich vielleicht: er hat längliche Augen, – er ist erzedel, – ein Sonnensohn, – in der Rüstung glitzert er wie ein Silberlachs ...?«

»Nichts von alledem sagten Sie.«

»Wenn ich so oder so ähnlich sprach, so meinte ich William Seymour. Und merken Sie sich eins, mein edler Lord: Geschwätz einer Nachtwandlerin ist nichts als Traum und Schaum, ist nicht glaubhafter als Fieberphantasien ... Bilde dir nicht ein, daß ich dich liebe, Hal! Ich liebe William Seymour, – daß du's weißt! Und seitdem du mich so nackt geschaut hast, hasse ich dich!«

Bis jetzt hatte sie gekniet und gesenkten Kopfes das Haar vor ihr Gesicht gehalten. Jetzt sprang sie empor und wollte, ohne ihm Lebewohl zu sagen, zwischen Rosenbeeten hindurch zu ihrem Fenster laufen. Doch nur wenige Schritte weit kam sie. Aus einer der Palasttüren trat die Königin, von keiner Hofdame begleitet. Hinter den Fensterläden des ersten Stockwerkes freilich wurde manches Mädchengekicher vernehmbar ...

Schreckgelähmt machten Arbella und Hal keinen Versuch, sich zu verstecken oder zu fliehn. Die Königin kam scheinbar belustigt heran.

»Du bist ein ritterlicher Nachtschwärmer, Hal. Das muß ich loben, daß du Lady Seymour deine Dienste angeboten hast. Aber eine Fiebernde zu Bett zu bringen, ist nicht deine Sache – das mußt du schon uns Frauen überlassen!«

Und die Königin faßte Arbella am Ellenbogen und führte sie ins Schloß hinein. Das Hosenband, das seine Mutter ihm zuwarf, fing Hal geschickt wie einen Federball auf.


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