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6

Es war zwei Tage vor der Hochzeit. Das Gold der Morgensonne blinkte auf den Fenstern von Suffolkhouse, glitzernde, vorwitzige Strahlen bahnten durchs Glas sich den Weg ins geheiligte Schlafgemach der einen der zwei Bräute, Frances Howard, und durchblinkten den rosigen Körper der splitternackten Dreizehnjährigen, die auf einer sehr flachen kupfernen Kufe inmitten des Zimmers, kichernd und mit den dunklen Fuchsaugen zwinkernd, dastand. Mistris Margaret Brown, die Kammerfrau, seifte der kleinen Lady Nabel, Schenkel und Knöchel ein, während eine andere Handmaid sie aus einem überaus kleinen Krug mit warmem Wasser übergoß; – denn es war ein Aberglaube, daß je kleiner beim Baden der Krug sei, um so kleiner die Mädchenbrüste blieben. Elisabeth Lady Knollys, um fünf Jahre älter als Frances, streifte ein Spitzenhemd auseinander, es ihr überzuwerfen. Lady Catherine aber, die jüngste der drei Schwestern, ein melancholisches Frätzchen, hielt in den Kinderhänden ein Paar grüne Hosen und grüne Strümpfe. Die Sonne umstrahlte lachend dies Lever d'une petite duchesse.

Die Idylle fand ein jähes Ende. Lady Knollys, welcher der Aberglaube der Kammerfrauen unbekannt war, bemerkte nichtsahnend zu Frances:

»Du solltest dich mit einem größeren Krug begießen lassen, es würde schneller gehn.«

Das empfand Frances als eine Anspielung auf ihre Gestalt, die zu ihrem Leidwesen noch kindlich und unentwickelt war. Böse entgegnete sie:

»Ich soll wohl Ammenbrüste haben, – wie du vor deiner Hochzeit?«

Lady Knollys wurde rot und weiß im Gesicht. Welche bodenlose Gemeinheit, sie in Gegenwart der Kammerfrauen so zu beschimpfen. Ein stadtbekanntes ehebrecherisches Verhältnis hatte sie mit Lord Vaux, ihrem Jugendfreund und einstigen Verlobten, den sie nicht hatte heiraten dürfen, von ihrer geldgierigen Mutter an den greisen Lord Knollys, Earl of Banbury, verschachert.

Aufschluchzend eilte Lady Knollys zur Tür. Dort wandte sie sich um und sagte:

»Ich wünsche dir, daß du Robert Essex so treu bleibst, wie ich meinem ersten Verlobten!«

»Treu? ... Ich hasse Robert!« rief Frances, – so stark mit dem nackten Bein in der übervollen Kufe aufstampfend, daß alle Anwesenden bespritzt wurden. Ihre jüngste Schwester, die melancholische, rächte sich, indem sie die Zöpfe packte, die über Frances Rücken wie zwei dicke schwarze Nattern niederhingen. Frances glitt aus, stürzte in die Kufe, ihre Beine schnellten aufwärts, Wasser plantschte klafterhoch empor. Die Kammerfrauen kreischten, halfen Frances sich aufrichten. Schuldbewußt war Catherine hinaus geflohen; – doch Lady Knollys stand noch immer an der Tür und sagte sanft, als Frances sich erhoben hatte:

»Du bist eine süße kleine Schlangenkönigin, Frances, Gott schütze dich und ihn vor dir! ... Warum heiratest du ihn, wenn du ihn haßt?«

»Bin ich gefragt worden?« schrie Frances plötzlich wild. Jetzt war sie es, die hemmungslos zu weinen begann. Doch Lady Knollys ging achselzuckend aus dem Zimmer.


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