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Mittwochs, mitternachts.
Mein lieber Freund, Sie haben nicht auf mich gewartet, nicht wahr? Sie hatten keine Zeit, an mich zu denken, und es wäre kindisch und albern, wenn ich mit Vorwürfen und Sie mit Entschuldigungen kämen.
Untreue gibt's nur, wo es Liebe gibt!
Wahrhaftig, trotz meines guten Willens und meiner Sehnsucht konnte ich Ihnen nicht schreiben. Seit vier Uhr bis jetzt bin ich nicht eine einzige Minute für mich allein gewesen. Sie wünschen, ich soll von mir sprechen. Was soll ich Ihnen denn erzählen? Zwei Worte genügen, um Ihnen jederzeit meine körperliche und seelische Verfassung zu schildern: Ich leide, ich liebe! Seit etlicher Zeit ist diese Reihenfolge die richtige.
Ja, ich leide viel. Ich habe Fieber gehabt und habe noch welches, so daß ich ahne, wie abscheulich die Nacht werden wird. Ich vergehe vor Durst, ich habe Brustschmerzen, und die Eingeweide brennen mir. Die Nacht wird schlimm werden, aber der Tag war erträglich. Es waren so nette Leute bei mir, die Unterhaltung war so reizend, daß ich zu Ihrem Vergnügen den Wunsch hatte, Sie wären zugegen. Ob das Gespräch um mich herum gut, mäßig oder schlecht ist, meine Sehnsucht, Sie zu sehen, bleibt immer gleich. Meine Seele bedarf Ihrer wie meine Lunge der Luft.
Wie gern möchte ich diesen Drang eindämmen oder zunichte machen! Er ist zu heftig im Verhältnis zur Schwäche meines Körpers, und es ist mir nötiger als je, mich daran zu gewöhnen, Sie selten zu sehen. Ach, mein Gott, alles ist gegen uns, lieber Freund, während einst alles am Werke war, mich einem Manne zuzuführen, der dreihundert Meilen weit von meiner Heimat geboren war. Doch, ich will nicht klagen. Sie gewähren mir ja genug!
Nun, mein Lieber, haben Sie Ihre Pläne verwirklicht? Haben Sie tüchtig gearbeitet? Ich glaube nicht daran. Folgendes werden Ihre Taten sein: zu Mittag gegessen, hinterher geplaudert, um fünf Uhr nach dem Temple geschlendert, dort die Änderungen am »Konnetabel« vorgelesen. Man wird Sie dafür in den Himmel gehoben haben. Und bei so süßen Reden fließen die Stunden schnell dahin. Kurz vor neun Uhr werden Sie nach Haus gekommen sein. Es ist so gemütlich, im Kreise der Familie zu vegetieren und sich bis halb oder um zwölf anbeten zu lassen. Genug! Das Weitere schildere ich in der Manier, mit der Timanthe seinen Agamemnon gemalt hat. Ich schweige still. Gute Nacht!
Ich weiß nicht, welche Stunde Sie mir für morgen in Aussicht gestellt hatten. Sie haben vom Abend gesprochen, aber Ihnen gehen so viele Dinge im Kopfe durcheinander, daß ich Ihr Sich-ansagen nie als bindend betrachte. Sie werden mir schon geben, was Sie können. Nur kommen Sie nicht um vier! Um diese Stunde habe ich mir jemanden bestellt, in der sicheren Annahme, daß Sie sich diese Zeit nicht aussuchen werden.
Ich mache mir Vorwürfe, Sie so lange in Anspruch zu nehmen. Sie sind ja umlagert wie ein Minister.