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Mittwoch, den 8. November 1775.
Meine Briefe vermissen Sie, aber meiner Gegenwart bedürfen Sie nicht. Sie haben fünf Tage in Paris verweilt, wobei Sie mir und ebenso sich selbst jede Minute vorgerechnet haben. Dann waren Sie vierzehn Tage in Fontainebleau, und es ist kein Tag vergangen, der Ihnen nicht Gelegenheit geboten hätte, bequem her- und zurückzufahren. Sie wußten, daß ich krank bin und welche Schuld Sie daran tragen. Schließlich schrieben Sie mir, – und das sollte ich mit Jubel und Dankbarkeit aufnehmen! – »wenn Sie nach Paris gekommen wären, so wäre das einzig und allein meinetwegen gewesen«. Aber gekommen sind Sie nicht! Und: »Wenn mich das nicht zufrieden stimmte, so müßte ich sehr launisch und ungerecht geworden sein.«
Mein Gott, wie quälen Sie mir das Herz, indem sie mir einreden wollen, es müsse mit dem Ihrigen zufrieden sein! Ich will mich ja niemals beklagen, aber Sie zwingen mich häufig, laut aufzuschreien, – so viel glühendes Weh tun Sie mir an.
Mein Lieber, ich bin geliebt worden; ich werde geliebt; aber ich sterbe vor Kummer, wenn ich daran denke: nicht von Ihnen! Was nützt es mir, wenn ich mir sage: ich habe das ersehnte Glück nicht verdient! Meine Eigenliebe verstummt vor meinem Herzen. Es raunt mir zu: wenn ich je geliebt werden sollte, so muß es von dem sein, der mich so bezaubert hat, daß ich Mora betrogen habe, und demzuliebe ich am Leben geblieben bin, nachdem ich jenen verloren hatte. Doch, wird man je von dem geliebt, den man selber liebt! Kümmert sich dieses tyrannische und unfreiwillige Gefühl um Gerechtigkeit und Gründe?