W. A. Mozart
Mozarts Briefe
W. A. Mozart

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Wien, 26. Mai 1784.

Ich habe nun durch Ihr Letztes die Nachricht, daß Sie meinen Brief und Musik richtig erhalten haben. Meiner Schwester danke ich für ihren Brief, und sobald es die Zeit zulassen wird, werde ich ihr gewiß auch schreiben; unterdessen lasse ich ihr sagen, daß Herr Richter in dem Ton des Konzerts irre geworden, oder ich in ihrem Brief einen unrechten Buchstaben lese. Das Konzert, welches ihr Herr Richter so anrühmte, ist das ex B, welches das erste ist, so ich gemacht und er mir damals schon so lobte. Ich bin nicht imstande, unter diesen beiden Konzerten eine Wahl zu treffen; ich halte sie beide für Konzerte, welche schwitzen machen. Doch hat in der Schwierigkeit das ex B den Vorzug vor dem ex D. Übrigens bin ich sehr begierig, welches unter den drei Konzerten B, D und G Ihnen und meiner Schwester am besten gefällt. Das ex Eb gehört gar nicht dazu: das ist ein Konzert von ganz besonderer Art und mehr für ein kleines als großes Orchester geschrieben, also ist die Rede nur von den drei großen Konzerten. Ich bin begierig, ob Ihr Urteil mit dem hiesigen allgemeinen und auch meinem Urteil übereinkömmt; freilich ist es nötig, daß man sie alle drei mit allen Stimmen und gut produziert hört. Ich will gerne Geduld haben, bis ich sie wieder zurückerhalte; nur daß sie kein Mensch in die Hände bekömmt! Ich hätte erst heute für eines davon vierundzwanzig Dukaten haben können, ich finde aber, daß es mir mehr Nutzen schafft, wenn ich sie noch ein paar Jährchen bei mir behalte und dann erst durch den Stich bekannt mache.

Nun muß ich Ihnen etwas in betreff der Schwemmer Loiserl sagen. Sie schrieb an ihre Mutter, und da ihre Adresse so beschaffen war, daß man den Brief auf der Post schwerlich angenommen haben würde, indem sie also lautete:

Dieser Brief zueku-
men meiner vilgeliebtisten
Frau Mutter in Salzburg
barbari schbemerin
abzugeben in der
Judengasen in Kauf
man eberl Haus
in dritten Stock.

so sagte ich ihr, ich wollte ihr eine andere Adresse darauf machen. Aus Fürwitz und mehr, um das schöne Konzept weiters zu lesen, als um auf Heimlichkeiten zu kommen, erbrach ich den Brief. Sie beklagt sich darin, daß sie zu spät ins Bette und zu früh aufstehen müsse: ich glaube, von elf Uhr bis sechs Uhr kann man sich genug schlafen, es sind doch sieben Stund. Wir gehen erst um zwölf Uhr ins Bett und stehen um halb sechs, auch fünf Uhr auf, weil wir fast alle Täge in der Frühe in Augarten gehen. Ferner beklagt sie sich über die Kost, und zwar mit den impertinenten Ausdrücken: sie müsse verhungern, wir viere, als meine Frau, ich, die Köchin und sie, hätten nicht so viel zu essen, als die Mutter und sie zusammen gehabt hätten. Sie wissen, daß ich dermalen dieses Mädel aus bloßem Mitleiden genommen habe, damit sie als eine fremde Person in Wien eine Unterstützung hat; wir haben ihr das Jahr zwölf Gulden versprochen, womit sie ganz zufrieden war, obwohlen sie sich nun in ihrem Brief darüber beklagt. Und was hat sie zu tun? den Tisch abzuputzen, das Essen herum- und hinauszutragen und meiner Frau ein Kleid an- und ausziehen zu helfen. Übrigens ist sie außer ihrem Nähen die ungeschickteste und dümmste Person von der Welt, sie kann nicht einmal Feuer anmachen, geschweige erst einen Kaffee machen, und das soll doch eine Person, die ein Stubenmädel abgeben will, können. Wir haben ihr einen Gulden gegeben, den andern Tag verlangte sie schon wieder Geld; sie mußte mir die Rechnung von ihrer Ausgabe machen, und da lief die meiste Ausgabe aufs Biertrinken hinaus. Es ist ein gewisser Herr Johannes mit ihr hergereist, der darf sich aber nicht mehr bei mir blicken lassen. Zweimal, als wir aus waren, kam er her, ließ Wein bringen, und das Mädel, welches nicht gewohnt ist, Wein zu trinken, suff sich so voll, daß sie nicht gehen konnte, sondern sich anhalten mußte und das letztemal ihr Bett ganz anspie. Welche Leute würden eine solche Person auf diese Art behalten?

Ich würde mich mit der Predigt, so ich ihr darüber gemacht, begnügt und nichts davon geschrieben haben, allein ihre Impertinenz in dem Brief an ihre Mutter verleitete mich dazu. Ich bitte Sie also, lassen Sie die Mutter kommen und sagen Sie ihr, daß ich sie noch einige Zeit bei uns gedulden will; sie soll aber machen, daß sie wo anders in Dienste kömmt; wenn ich Leute unglücklich machen wollte, so könnte ich sie auf der Stelle wegtun. In ihrem Brief steht auch etwas von einem gewissen Herrn Antoni, vielleicht ein zukünftiger Herr Bräutigam ...


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