W. A. Mozart
Mozarts Briefe
W. A. Mozart

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Straßburg, 26. Oktober 1778.

Ich bin noch hier, wie Sie sehen, und zwar auf Anraten des Herrn Franks und anderer Straßburger Helden, doch morgen reise ich ab. In dem letzten Brief habe ich Ihnen geschrieben, daß ich den 17. Samstag so ohngefähr ein kleines Modell von einem Konzert geben werde, weil es hier mit Konzertgeben noch schlechter ist als in Salzburg. Das ist nun natürlicherweise vorbei; ich habe ganz allein gespielt, gar keine Musik genommen, damit ich doch nichts verliere, kurz, ich habe drei ganze Louisdor eingenommen. Das meiste bestund aber in den Bravo und Bravissimo, die mir von allen Seiten zugeflogen, und zwar der Prinz Max von Zweibrücken beehrte auch den Saal mit seiner Gegenwart. Daß alles zufrieden war, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Da habe ich gleich abreisen wollen, aber man hat mir geraten, ich soll noch bleiben bis andern Samstag und ein großes Konzert im Theater geben. Da hatte ich die nämliche Einnahme zum Erstaunen und Verdruß und Schande aller Straßburger. Der Direktor Monsieur Villeneuve fouterte über die Einwohner dieser wirklich abscheulichen Stadt, daß es eine Art hatte. Ich habe freilich ein wenig mehr gemacht, allein die Unkosten der Musik (die sehr sehr schlecht ist, sich aber gut bezahlen läßt), der Illumination, Buchdruckerei, Wache, die Menge Leute bei den Eingängen usw. machten eine große Summe aus; doch ich muß Ihnen sagen, daß mir die Ohren von dem Applaudieren und Händeklatschen so wehe getan, als wenn das ganze Theater voll gewesen wäre. Alles, was darin war, hat öffentlich und laut über die eigenen Stadtbrüder geschmälet, und ich habe allen gesagt, daß, wenn ich mir mit gesunder Vernunft vorstellen können, daß so wenig Leute kommen würden, ich das Konzert sehr gerne gratis gegeben hätte, nur um das Vergnügen zu haben, das Theater voll zu sehen; und in der Tat, mir wäre es lieber gewesen, dann bei meiner Ehre, es ist nichts Traurigers als eine große Tafel von achtzig Kouverts und nur drei Personen zum Essen. Und dann war es so kalt! Ich habe mich aber schon gewärmt, und um den Herren Straßburgern zu zeigen, daß mir gar nichts daran liegt, so habe ich für meine Unterhaltung recht viel gespielt, habe um ein Konzert mehr gespielt, als ich versprochen habe, und auf die Letzt lange aus dem Kopf. Das ist nun vorbei, wenigstens habe ich mir Ehre und Ruhm gemacht...

Nun bleibt mir nichts übrig, als Ihnen, liebster, bester Vater, zu Ihrem kommenden Namensfest von Herzen zu gratulieren. Bester Vater! ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen alles, was ein Sohn, der seinen lieben Vater recht hochschätzet und wahrhaft liebet, zu wünschen vermag. Ich danke Gott dem Allmächtigen, daß er Ihnen diesen Tag in bester Gesundheit wieder hat erleben lassen, und bitte ihn nur um diese Gnade, daß ich Ihnen mein ganzes Leben durch alle Jahr (deren ich viele zu leben im Sinn habe) gratulieren kann. So sonderbar und vielleicht auch lächerlich Ihnen dieser Wunsch vorkommen mag, so wahr und wohlmeinend ist er, das versichere ich Sie.

Ich hoffe, Sie werden meinen Brief aus Straßburg vom 23. Oktober, glaube ich, erhalten haben. Ich will nichts mehr über Monsieur Grimm schmälen, doch kann ich nicht umgehen zu sagen, daß er wegen seiner Einfältigkeit so übereilt abzureisen Ursach ist, daß meine Sonaten noch nicht gestochen, das heißt noch nicht in Licht, oder halt wenigstens, daß ich sie noch nicht habe und, wenn ich sie bekomme, etwa voll der Fehler finde. Wenn ich nur noch drei Tage in Paris geblieben wäre, so hätte ich sie selbst korrigieren und mit mir nehmen können. Der Stecher war desperat, als ich ihm sagte, daß ich sie nicht selbst korrigieren kann, sondern einem andern darüber Kommission geben muß. Warum? weil Monsieur, als ich ihm sagte, daß ich (weil ich nicht drei Täge mehr bei ihm im Hause sein kann) wegen den Sonaten zum Graf von Sickingen logieren gehen will, mir antwortete mit für Zorn funkelnden Augen: »Hören Sie, wenn Sie aus meinem Hause gehen, ohne Paris zu verlassen, so schaue ich Sie mein Lebetag nicht mehr an; Sie dürfen mir nicht mehr unter die Augen, ich bin Ihr ärgster Feind.« Ja, da war Gelassenheit notwendig. Wenn es mir nicht um Sie gewesen wäre, der von der ganzen Sache nicht informiert ist, so hätte ich ganz gewiß gesagt: »So sein Sie es! sein Sie mein Feind! Sie sind es ja so, sonst würden Sie mich nicht hindern, hier meine Sachen in Ordnung zu bringen, alles, was ich versprochen, zu halten und hiemit meine Ehre und Reputation zu erhalten, Geld zu machen und vielleicht auch mein Glück; dann wenn ich nach München komme, der Kurfürstin selbst meine Sonaten präsentiere, so halte ich mein Wort, bekomme ein Präsent oder mache vielleicht gar mein Glück.« So aber machte ich nichts als eine Verbeugung und ging weg, ohne ein Wort zu sagen. Ehe ich abgereiset, habe ich es ihm doch gesagt; er antwortete mir aber wie ein Mensch ohne Verstand oder wie ein böser Mensch, der bisweilen keinen haben will. Ich habe schon zweimal an Monsieur Heina geschrieben und keine Antwort erhalten. Zu Ende September hätten sie erscheinen sollen, und Monsieur Grimm hätte mir die versprochenen Exemplarien gleich nachschicken sollen. Ich glaubte, ich würde in Straßburg alles antreffen; Monsieur Grimm schreibt mir, er hört und sieht nichts davon; sobald er sie bekömmt, so wird er sie mir schicken. Ich hoffe, ich werde sie bald bekommen.

Straßburg kann mich fast nicht entbehren! Sie können nicht glauben, was ich hier in Ehren gehalten und beliebt bin. Die Leute sagen, es geht bei mir alles so nobel zu, ich seie so gesetzt und höflich und habe so eine gute Aufführung. Alles kennt mich. Sobald sie den Namen gehört haben, so sind schon gleich die zwei Herren Silbermann und Herr Hepp (Organist) zu mir gekommen, Herr Kapellmeister Richter auch. Er ist itzt sehr eingeschränkt, anstatt vierzig Bouteillen Wein sauft er itzt etwa nur zwanzig des Tages. Ich habe auf die zwei hier besten Orgeln von Silbermann öffentlich gespielt, in der lutherischen Kirche, in der Neukirche und Thomaskirche. Wenn der Kardinal (der sehr krank war, als ich ankam) gestorben wäre, so hätte ich einen guten Platz bekommen, dann Herr Richter ist achtundsiebzig Jahr alt. Nun leben Sie recht wohl, sein Sie recht munter und aufgeräumt, denken Sie, daß Ihr Sohn, Gott Lob und Dank, frisch und gesund und vergnügt ist, weil er seinem Glücke immer näher kömmt. Letzten Sonntag habe ich im Münster eine neue Messe von Herrn Richter gehört, die charmant geschrieben ist...


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