W. A. Mozart
Mozarts Briefe
W. A. Mozart

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Wien, 29. April 1782.

Liebste, beste Freundin!

Diesen Namen werden Sie mir ja doch noch wohl erlauben, daß ich Ihnen geben darf? So sehr werden Sie mich ja doch nicht hassen, daß ich nicht mehr Ihr Freund sein darf und Sie nicht mehr meine Freundin sein werden? Und wenn Sie es auch nicht mehr sein wollen, so können Sie es mir doch nicht verbieten, gut für Sie, meine Freundin, zu denken, wie ich es nun schon gewohnt bin. Überlegen Sie wohl, was Sie heute zu mir gesagt haben. Sie haben mir (ohngeacht allen meinen Bitten) dreimal den Korb gegeben und mir gerade ins Gesicht gesagt, daß Sie mit mir nichts mehr zu tun haben wollten. Ich, dem es nicht so gleichgültig ist wie Ihnen, den geliebten Gegenstand zu verlieren, bin nicht so hitzig, unüberlegt und unvernünftig, den Korb anzunehmen. Zu diesem Schritte liebe ich Sie zu sehr. Ich bitte Sie also noch einmal, die Ursache dieses ganzen Verdrusses wohl zu überlegen und zu bedenken, welche war, daß ich mich darüber aufgehalten, daß Sie so unverschämt, unüberlegt waren, Ihren Schwestern, NB.. in meiner Gegenwart, zu sagen, daß Sie sich von einem Chapeau haben die Waden messen lassen. Das tut kein Frauenzimmer, welches auf Ehren hält. Die Maxime in der Kompagnie mitzumachen ist ganz gut. Dabei muß man aber viele Nebensachen betrachten: ob es lauter gute Freunde und Bekannte beisammen sind, ob ich ein Kind oder schon ein Mädchen zum Heiraten bin, besonders aber, ob ich eine versprochene Braut bin, hauptsächlich aber, ob lauter Leute meinesgleichen oder niedrigere als ich, besonders aber vornehmere als ich dabei sind. Wenn es sich wirklich die Baronin selbst hat tun lassen, so ist es ganz was anders, weil sie schon eine übertragene Frau (die ohnmöglich mehr reizen kann) ist und überhaupt eine Liebhaberin vom Etcaetera ist. Ich hoffe nicht, liebste Freundin, daß Sie jemals so ein Leben führen wollten wie sie, wenn Sie auch nicht meine Frau sein wollen. Wenn Sie schon dem Triebe mitzumachen (obwohl das Mitmachen einer Mannsperson nicht allzeit gut steht, desto weniger einem Frauenzimmer) – konnten Sie aber ohnmöglich widerstehen, so hatten Sie in Gottes Namen das Band genommen und sich selbst die Waden gemessen (so wie es noch alle Frauenzimmer von Ehre in meiner Gegenwart in dergleichen Fällen getan haben) und nicht von einem Chapeau (ich, ich würde es niemalen im Beisein anderer Ihnen getan haben, ich würde Ihnen selbst das Band gereicht haben), desto weniger also von einem Fremden, der mich gar nichts angeht. Doch das ist vorbei, und ein kleines Geständnis Ihrer dortmaligen, etwas unüberlegten Aufführung würde alles wieder gutgemacht haben und (wenn Sie es nicht übelnehmen, liebste Freundin) noch gutmachen. Daraus sehen Sie, wie sehr ich Sie liebe. Ich brause nicht auf wie Sie, ich denke, ich überlege und ich fühle. Fühlen Sie, haben Sie Gefühl, so weiß ich gewiß, daß ich heute noch ruhig werde sagen können: die Konstanze ist die tugendhafte, ehrliebende, vernünftige und getreue Geliebte des rechtschaffenen und für

sie wohldenkenden Mozart.


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