W. A. Mozart
Mozarts Briefe
W. A. Mozart

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München, 11. Oktober 1777.

... Ich habe eine unaussprechliche Begierde, wieder einmal eine Opera zu schreiben. Der Weg ist weit, das ist wahr; wir sind aber auch noch weit entfernt von der Zeit, wo ich diese Opera schreiben sollte; es kann sich bis dorthin noch viel verändern. Ich glaube, annehmen könnte man sie doch. Bekomme ich unter der Zeit gar keinen Dienst, eh bien, so hab ich doch die Ressource in Italien. Ich habe doch im Karneval meine gewisse hundert Dukaten; wenn ich einmal zu Neapel geschrieben habe, so wird man mich überall suchen. Es gibt auch, wie der Papa wohl weiß, im Frühling, Sommer und Herbst da und dort eine Opera buffa, die man zur Übung und um nicht müßig zu gehen, schreiben kann. Es ist wahr, man bekömmt nicht viel, aber doch etwas, und man macht sich dadurch mehr Ehre und Kredit, als wenn man hundert Konzert in Teutschland gibt, und ich bin vergnügter, weil ich zu komponieren habe, welches doch meine einzige Freude und Passion ist. Nun, bekomme ich wo Dienste oder habe ich wo Hoffnung anzukommen, so rekommandiert mich die Scrittura viel und macht Aufsehen und noch viel schätzbarer. Doch ich rede nur, ich rede so, wie es mir ums Herz ist. Wenn ich vom Papa durch Gründe überzeuget werde, daß ich unrecht hab, nu, so werde ich mich, obwohlen ungern, dreingeben. Dann ich darf nur von einer Opera reden hören, ich darf nur im Theater sein, Stimmen hören – o so bin ich schon ganz außer mir...

Gestern war ich mit der Mama gleich nach dem Essen bei den zwei Fräulein von Freysingen auf einen Koffee. Die Mama trank aber keinen Koffee, sondern zwei Bouteilles Tirolerwein. Um drei Uhr ging sie aber wieder nach Haus, um doch ein wenig herzurichten auf die Reise. Ich ging aber mit den zwei Fräulein zum detto Herrn von Hamm, wo die drei Fräulein eine jede ein Konzert spielte und ich eins von Aichner prima vista und dann immer Phantasien. Der Fräulein Hamm von Einfaltskasten ihr Lehrmeister ist ein gewisser geistlicher Herr mit Namen Schreier. Er ist ein guter Organist, aber kein Zembalist. Der hat mir immer mit der Brille zugesehen. Er ist so ein trockener Mann, der nicht viel redet; er klopfte mich auf die Achseln, seufzte und sagte: »Ja – Sie sind – Sie verstehen – ja – das ist wahr – ein ganzer Mann.« Apropos, kann sich der Papa des Namens Freysingen nicht erinnern? Der Papa der genannten zwei schönen Fräulein sagt, er kennt den Papa sehr gut, er habe mit dem Papa studiert. Er erinnert sich noch absonderlich auf Wessenbrunn, wo der Papa (das war mir völlig neu!) recht ohnvergleichlich auf der Orgel geschlagen hat. Er sagte: »Das war erschröcklich, wie es untereinander ging mit den Füßen und Händen, aber wohl ohnvergleichlich; ja, ein ganzer Mann! Bei meinem Vater galt er sehr viel. Und wie er die Pfaffen herumgefoppt hat wegen dem Geistlichwerden! Sie sehen ihm akkurat gleich, wie er dort war, völlig. Nur war er ein wenig kleiner, wie ich ihn gekannt habe.«

Apropos noch eins! Ein gewisser Hofrat Effeln läßt sich dem Papa untertänigst empfehlen: er ist einer von den besten Hofräten hier; er hätte schon längst Kanzler werden können, wenn nicht ein einziger Umstand wäre, nämlich das Lutzeln. Wie ich ihn das erste Mal bei Albert gesehen, so habe ich geglaubt und auch meine Mama: Ecce einen erstaunlichen Dalken! Stellen Sie sich nur vor, einen sehr großen Mann, stark, ziemlich korpulent, ein lächerliches Gesicht. Wenn er über das Zimmer geht zu einem andern Tisch, so legt er beede Hände auf den Magen, biegt sie gegen sich und schupft sich mit dem Leib in die Höhe, macht einen Nicker mit dem Kopfe, und wenn das vorbei ist, so zieht er erst ganz schnell den rechten Fuß zurück, und so macht er es bei einer jeden Person extra. Er sagt, er kennt den Papa tausendmal...


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