W. A. Mozart
Mozarts Briefe
W. A. Mozart

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Mannheim, 14.--16. November 1777.

Ich Johannes Chrysostomus Amadeus Wolfgangus Sigismundus Mozart gebe mich schuldig, daß ich vorgestern und gestern (auch schon öfters) erst bei der Nacht um zwölf Uhr nach Haus gekommen bin und daß ich von zehn Uhr an bis zur benennten Stunde beim Cannabich, in Gegenwart und en compagnie des Cannabich, seiner Gemahlin und Tochter, Herrn Schatzmeister, Ramm und Lang, oft und nicht schwer, sondern ganz leichtweg gereimet habe, und zwar mit Gedanken, Worten und –, aber nicht mit Werken. Ich hätte mich aber nicht so gottlos aufgeführt, wenn nicht die Rädelführerin, nämlich die sogenannte Lisel (Elisabeth Cannabich) mich gar so sehr dazu animiert und aufgehetzt hätte, und ich muß bekennen, daß ich ordentlich Freude daran hatte. Ich bekenne alle diese meine Sünden und Vergehungen von Grund meines Herzen, und in Hoffnung, sie öfter bekennen zu dürfen, nehm ich mir kräftig vor, mein angefangenes sündiges Leben noch immer zu verbessern. Darum bitte ich um die heilige Dispensation, wenn es leicht sein kann; wo nicht, so gilt es mir gleich, dann das Spiel hat doch seinen Fortgang: Lusus enim suum habet ambitum, spricht der selige Sänger Meißner, Kapitel 9, pag. 24, weiters auch der heilige Ascenditor, Patron des Brennsuppenkoffee, der schimmlichten Limonade, der Mandelmilch ohne Mandeln und insonderheitlich des Erdbeergefrornen voll Eisbrocken, weil er selbst ein großer Kenner und Künstler in gefrornen Sachen war.

Die Sonaten, die ich für Mademoiselle Cannabich geschrieben habe, werde ich so bald als möglich auf klein Papier abschreiben lassen und meiner Schwester schicken. Vor drei Tagen habe ich angefangen der Mademoiselle Rose die Sonate zu lehren; heute sind wir mit dem ersten Allegro fertig. Das Andante wird uns am meisten Mühe machen; dann das ist voll Expression und muß akkurat mit dem Gusto, Forte und Piano, wie es steht, gespielt werden. Sie ist sehr geschickt und lernt sehr leicht. Die rechte Hand ist sehr gut, aber die linke ist leider ganz verdorben. Ich kann sagen, daß ich oft sehr Mitleiden mit ihr habe, wenn ich sehe, wie sie sich oft bemühen muß, daß sie völlig schnauft, und nicht aus Ungeschicklichkeit, sondern weil sie nicht anderst kann, weil sie es schon so gewohnt ist, indem man es ihr nie anderst gezeigt hat. Ich habe auch zu ihrer Mutter und zu ihr selbst gesagt, daß, wenn ich jetzt ihr förmlicher Meister wäre, so sperrte ich ihr alle Musikalien ein, deckte ihr das Klavier mit einem Schnupftuch zu und ließe ihr so lang mit der rechten und linken Hand, anfangs ganz langsam, lauter Passagen, Triller, Mordenten extra exerzieren, bis die Hand völlig eingericht wäre; dann hernach getrauete ich mir eine rechte Klavieristin aus ihr zu machen. Dann es ist schade, sie hat soviel Genie, sie liest ganz passabel, sie hat sehr viel natürliche Leichtigkeit und spielt mit sehr viel Empfindung. Sie haben mir auch beide recht gegeben ....


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