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Wien, 16. Jenner 1782.
Ich danke Ihnen für Ihren wohlmeinenden, liebreichen Brief! Wenn ich Ihnen auf alles ausführliche Antwort geben wollte, müßte ich ein ganzes Buch Papier vollschreiben. Weil nun das ohnmöglich ist, so will ich nur das Notwendigste beantworten. Der Vormund heißt Herr von Thorwarth, ist Inspektor über die Theatergarderobe; mit einem Wort, durch ihn muß alles gehen, was nur auf das Theater Einfluß hat: durch ihn sind mir auch die fünfzig Dukaten vom Kaiser geschickt worden; mit ihm habe ich auch wegen der Akademie im Theater gesprochen, weil das meiste auf ihn ankömmt und er sehr viel beim Graf Rosenberg und Baron Kienmayr gilt. Ich muß Ihnen gestehen, daß ich mir selbst gedacht habe, er wird Ihnen, ohne mir ein Wort davon zu sagen, die ganze Sache entdecken; und daß er dieses nicht getan, sondern es (ohngeacht seines Ehrenworts) der ganzen Stadt Wien kundgemacht, hat mir von der guten Meinung, die ich von ihm gehabt, vieles genommen. Daß die Madame Weber und Herr von Thorwarth aus zu vieler Sicherheit für sich selbst gefehlt haben mögen, will ich Ihnen gerne zulassen, obwohlen die Madame nicht mehr ihre eigene Frau ist und sich, besonders in dergleichen Sachen, ganz dem Vormund überlassen muß und dieser (da er mich niemalen gekannt) mir wahrhaftig kein Zutrauen schuldig ist. Doch war er in der Forderung einer schriftlichen Verpflichtung zu übereilt, das ist ohnwidersprechlich, besonders da ich ihm sagte, daß Sie noch gar nichts davon wüßten und ich es Ihnen ohnmöglich entdecken könnte; er möchte also nur noch eine kurze Zeit damit Geduld haben, bis meine Umstände eine andere Wendung bekämen, dann wollte ich Ihnen alles schreiben, und sodann würde die ganze Sache in Ordnung gehen. Allein – nun, es ist vorbei, und die Liebe muß mich entschuldigen. Herr von Thorwarth hat aber gefehlt, doch nicht so sehr, daß er und Madame Weber, in Eisen geschlagen, Gassen kehren und am Halse eine Tafel tragen sollten mit den Worten: Verführer der Jugend; das ist auch übertrieben. Wenn das wahr wäre, was Sie da geschrieben, daß man mir zulieb Tür und Tor eröffnet, mir alle Freiheit im Hause gelassen, mir alle Gelegenheit dazu gegeben usw. usw., so wäre die Strafe doch auch noch zu auffallend. Daß es nicht so ist, brauch ich nicht erst zu sagen; mir tut die Vermutung weh genug, daß Sie glauben können, daß Ihr Sohn so ein Haus frequentieren könnte, wo es also zugeht. Nur so viel muß ich Ihnen sagen, daß Sie just das Gegenteil davon glauben dürfen. Genug davon!
Nun vom Clementi. Dieser ist ein braver Zembalist, dann ist auch alles gesagt. Er hat sehr viel Fertigkeit in der rechten Hand, seine Hauptpassagen sind die Terzen; übrigens hat er um keinen Kreuzer Geschmack noch Empfindung, ein bloßer Mechanikus. Der Kaiser tat (nachdem wir uns genug Komplimenten machten) den Ausspruch, daß er zu spielen anfangen sollte. »La santa chiesa cattolica«, sagte er, weil Clementi ein Römer ist. Er präludierte und spielte eine Sonate, dann sagte der Kaiser zu mir: » Allons, drauflos!« Ich präludierte auch und spielte Variationen, dann gab die Großfürstin Sonaten vom Paesiello her (miserabel von seiner Hand geschrieben), daraus mußte ich die Allegro und er die Andante und Rondo spielen. Dann nahmen wir ein Thema daraus und führten es auf zwei Pianoforte aus. Merkwürdig ist dabei, daß ich für mich das Pianoforte der Gräfin Thun gelehnt und aber nur (als ich allein gespielt) darauf gespielt habe, weil es der Kaiser also gewollt; und NB. das andere war verstimmt, und drei Tasten blieben stecken. »Es tut nichts«, sagte der Kaiser. Ich nehme es so, und zwar auf der besten Seite, daß der Kaiser meine Kunst und Wissenschaft in der Musik schon kennt und nur den Fremden recht hat verkosten wollen. Übrigens weiß ich von sehr guter Hand, daß er recht zufrieden war. Der Kaiser war sehr gnädig gegen mich und hat vieles heimlich mit mir gesprochen, hat auch von meiner Heirat mit mir gesprochen. Wer weiß – vielleicht – was glauben Sie? Versuchen kann man es immer. Mit nächstem mehr! Leben Sie wohl ...