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Mannheim, 13. November 1777.
... Ich mußte auf sein (Beeckés) Ersuchen sein Klavichord versuchen, welches sehr gut ist. Er sagt oft Bravo. Ich phantasierte und spielte die Sonate ex B und D. Mit einem Wort, er war sehr höflich und ich höflich, aber ganz seriös. Wir wurden von unterschiedlichen Sachen zu reden, unter andern von Wien, daß nämlich der Kaiser kein großer Liebhaber von der Musik seie. Er sagte: »Das ist wahr, ein Kenner ist er vom Satz, sonst weiter nichts; ich weiß mich noch zu erinnern (hier rieb er sich die Stirne), daß, wie ich vor ihm spielen mußte, so wußte ich gar nicht, was ich spielen sollte; so fing ich denn an Fugen zu spielen und dergleichen Kindereien, wo ich heimlich selbst darüber lachte.« Ich habe geglaubt, ich kann mich nicht halten, und muß ihm sagen: »Mein Herr, ich gebe Ihnen zu, daß Sie darüber gelacht haben, aber schwerlich so sehr, wie ich gelacht haben würde, wenn ich Sie gehört hätte.« Weiters sagte er (wie es auch wahr ist), daß beim Kaiser im Kabinett Musik gemacht wird, daß die Hunde davonlaufen möchten. Da sagte ich halt, daß ich allzeit, wenn ich mich nicht bald aus dem Staub mache, bei dergleichen Musiken Kopfweh bekomme. »O nein, das macht mir gar nichts; eine schlechte Musik greift meine Nerven nicht an, aber eine schöne; da kann ich Kopfweh bekommen.« Da dachte ich mir wieder: Ja, ein seichter Kopf wie du bekömmt freilich gleich Schmerzen, wenn er etwas hört, welches er nicht begreifen kann. Nun etwas von hier. Gestern habe ich mit Cannabich zum Herrn Intendant Graf Savioli gehen müssen, um mein Präsent abzuholen. Es war so, wie ich mir es eingebildet habe: nichts in Geld, eine schöne goldene Uhr. Mir wären aber jetzt zehn Karolin lieber gewesen als die Uhr, welche man mit Ketten und Devisen auf zwanzig Karolin schätzt. Auf der Reise braucht man Geld. Nun habe ich mit Dero Erlaubnis fünf Uhren. Ich habe auch kräftig im Sinn, mir an jeder Hosen noch ein Uhrtaschel machen zu lassen und, wenn ich zu einem großen Herren komme, beide Uhren zu tragen (wie es ohnehin jetzt Mode ist), damit nur keinem mehr einfällt mir eine Uhr zu verehren.
Ich sehe aus des Papa Schreiben, daß Sie des Voglers Buch nicht gelesen haben. Ich habe es jetzt gelesen, dann ich habe es vom Cannabich entliehen. Nun seine Histori ganz kurz. Er kam miserabel her, produzierte sich auf dem Klavier, machte einen Ballett; man hatte Mitleiden, der Kurfürst schickte ihn in Italien. Als der Kurfürst nach Bologna kam, fragte er den Padre Valotti wegen dem Vogler: »O altezza, questo è un grand uomo!« usw. Er fragte auch den Padre Martini: »Altezza, è buono; ma a poco a poco; quando sarà un poco più vecchio, più sodo, si farà, si farà. Ma bisogna, che si cangi molto.« Als der Vogler zurückkam, wurde er geistlich und gleich Hofkaplan, produzierte ein Miserere, welches, wie mir alles sagt, nicht zu hören ist, dann es geht alles falsch. Er hörte, daß man es nicht viel lobte. Er ging also zum Kurfürsten und beklagte sich, daß das Orchester ihm zu Fleiß und zu Trotz schlecht spielte; mit einem Wort, er wußte es halt so gut herumzudrehen (spielte auch so kleine ihm nutzbare Schlechtigkeiten mit Weibern), daß er Vizekapellmeister geworden. Er ist ein Narr, der sich einbildet, daß nichts Besseres und Vollkommeneres seie als er. Das ganze Orchester von oben bis unten mag ihn nicht. Er hat dem Holzbauer viel Verdruß gemacht. Sein Buch dienet mehr zum Rechnenlernen als zum Komponierenlernen. Er sagt, er macht in drei Wochen einen Compositeur und in sechs Monat einen Sänger; man hat es aber noch nicht gesehen. Er veracht die größten Meister. Mir selbst hat er den Bach veracht. Bach hat hier zwei Opern geschrieben, wovon die erste besser gefallen als die zweite. Die zweite war Lucio Silla. Weil ich nun die nämliche zu Mailand geschrieben habe, so wollte ich sie sehen. Ich wußte vom Holzbauer, daß sie Vogler hat. Ich begehrte sie von ihm. »Von Herzen gern, morgen werde ich sie Ihnen gleich schicken; Sie werden aber nicht viel Gescheutes sehen.« Etliche Täg darauf, als er mich sah, sagte er zu mir ganz spöttisch: »Nu, haben Sie was Schönes gesehen? haben Sie was daraus gelernt? Eine Aria ist gar schön. Wie heißt der Text?« fragte er einen, der neben ihm stund. – »Was für eine Aria?« – »Nu, die abscheuliche Aria vom Bach, die Sauerei – ja, Pupille amate. Die hat er gewiß im Punschrausch geschrieben.« Ich habe geglaubt, ich müsse ihn beim Schopf nehmen; ich tat aber, als wenn ich es nicht gehört hätte, sagte nichts und ging weg. Er hat beim Kurfürsten auch schon ausgedienet.
Nun ist die Sonate für die Mademoiselle Rosa Cannabich auch schon fertig. Vergangenen Sonntag spielte ich aus Spaß die Orgel in der Kapelle. Ich kam unter dem Kyrie, spielte das Ende davon, und nachdem der Priester das Gloria angestimmt, machte ich eine Kadenz. Weil sie aber gar so verschieden von den hier so gewöhnlichen war, so guckte alles um und besonders gleich der Holzbauer. Er sagte zu mir: »Wenn ich das gewußt hätte, so hätte ich eine andere Messe aufgelegt.« – »Ja,« sagte ich, »damit Sie mich angesetzt hätten.« Der alte Toeschi und Wendling stunden immer neben mir. Die Leute hatten genug zu lachen. Es stand dann und wann pizzicato. Da gab ich allzeit den Tasten Batzeln, ich war in meinem besten Humor. Anstatt dem Benedictus muß man hier allzeit spielen. Ich nahm also den Gedanken vom Sanctus und führte ihn fugiert aus. Da stunden sie alle da und machten Gesichter. Auf die Letzt nach dem Ite, missa est spielte ich eine Fuge. Das Pedal ist anderst als bei uns; das machte mich anfangs ein wenig irre, aber ich kam gleich drein.
Nun muß ich schließen. Schreib der Papa uns nur immer noch nach Mannheim .... Die Sonaten von Misliweczeck weiß ich, wie sie sind. Ich hab sie ja zu München gespielt. Sie sind ganz leicht und gut ins Gehör. Mein Rat wäre, meine Schwester, der ich mich untertänigst empfehle, solle sie mit vieler Expression, Gusto und Feuer spielen und auswendig lernen. Dann das sind Sonaten, welche allen Leuten gefallen müssen, leicht auswendig zu lernen sind und Aufsehen machen, wenn man sie mit gehöriger Präzision spielt ....