W. A. Mozart
Mozarts Briefe
W. A. Mozart

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Wien, 20. April 1782.

Allerliebste Schwester!

Meine liebe Konstanze hat sich endlich die Courage genommen, dem Triebe ihres guten Herzens zu folgen, nämlich Dir, meine liebe Schwester, zu schreiben. Willst Du sie (und in der Tat, ich wünsche es, um das Vergnügen darüber auf der Stirne dieses guten Geschöpfs zu lesen), willst Du sie also mit einer Antwort beehren, so bitte ich Dich, Deinen Brief mir einzuschließen. Ich schreibe es nur zur Fürsorge, damit Du weißt, daß ihre Mutter und ihre Schwestern nichts wissen, daß sie Dir geschrieben hat. Hier schicke ich Dir ein Präludio und eine dreistimmige Fuge. Das ist eben die Ursach, warum ich Dir nicht gleich geantwortet, weil ich wegen des mühsamen, kleinen Notenschreibens nicht habe eher fertig werden können. Es ist ungeschickt geschrieben: das Präludio gehört vorher, dann folgt die Fuge darauf. Die Ursache aber war, weil ich die Fuge schon gemacht hatte und sie, unterdessen daß ich das Präludium ausdachte, abgeschrieben. Ich wünschte nur, daß Du es lesen kannst, weil es gar so klein geschrieben ist, und dann, daß es Dir gefallen möge. Ein andermal werde Dir schon etwas Bessers für das Klavier schicken. Die Ursach, daß diese Fuge auf die Welt gekommen, ist wirklich meine liebe Konstanze. Baron van Swieten, zu dem ich alle Sonntäge gehe, hat mir alle Werke des Händels und Sebastian Bach (nachdem ich sie ihm durchgespielt) nach Hause gegeben. Als die Konstanze die Fugen hörte, ward sie ganz verliebt darein; sie will nichts als Fugen hören, besonders aber (in diesem Fach) nichts als Händel und Bach. Weil sie mich nun öfter aus dem Kopf Fugen spielen gehört hat, so fragte sie mich, ob ich noch keine aufgeschrieben hätte, und als ich ihr nein sagte, so zankte sie mich recht sehr, daß ich eben das Künstlichste und Schönste in der Musik nicht schreiben wollte, und gab mit Bitten nicht nach, bis ich ihr eine Fuge aufsetzte, und so ward sie. Ich habe mit Fleiß Andante maestoso darauf geschrieben, damit man sie nur nicht geschwind spiele; dann wenn eine Fuge nicht langsam gespielt wird, so kann man das eintretende Subjekt nicht deutlich und klar ausnehmen, und ist folglich von keiner Wirkung. Ich werde mit der Zeit und mit guter Gelegenheit noch fünf machen und sie dann dem Baron van Swieten überreichen, der in der Tat am Werte einen sehr großen, an der Zahl aber freilich sehr kleinen Schatz von guter Musik hat. Und ebendeswegen bitte ich Dich, Dein Versprechen nicht zurückzunehmen und sie keinem Menschen sehen zu lassen. Lerne sie auswendig und spiele sie. Eine Fuge spielt man nicht so leicht nach. Wenn der Papa die Werke vom Eberlin noch nicht hat abschreiben lassen, so ist es mir sehr lieb; ich habe sie unter der Hand bekommen und, dann ich konnte mich nicht mehr erinnern, leider gesehen, daß sie gar zu geringe sind und wahrhaftig nicht einen Platz zwischen Händel und Bach verdienen. Allen Respekt für seinen vierstimmigen Satz, aber seine Klavierfugen sind lauter in die Länge gezogene Versetti.

Nun lebe recht wohl. Mich freut es, daß Dir die zwei Hauben behagen ...


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