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Nur eines mangelt noch zum Schluß:
Daß Gott zum Lohn und zum Genuß
Dem guten Kaiser mög' entdecken
Das wahre Kreuz, es aufzustecken
Als die Bekrönung, als das Ziel
Des Kampfs, in dem so mancher fiel.
Konstantin der Gute
Bedachte in heiligem Mute,
Wohin das Kreuz wohl wäre gekommen.
Es aufzufinden, ward der frommen
Helena selber aufgetragen.
Sie fuhr mit unentwegtem Wagen
Nach Jerusalem über das Meer
Und fragte dort bei den Juden umher,
Ob sie das Kreuz nicht hätten verborgen.
Da kamen zusammen in großen Sorgen
Die Juden, und einer,
Judas genannt,
Sprach also zu ihrer Gemeinde gewandt:
»Ich bin's, der wohl vom Kreuze weiß.
Mein Ahn
Zachäus hat es mit Fleiß
Meinem Vater
Simeon gesagt,
Und der mir selber. Auch hat er's beklagt,
Daß wir einst Jesu gaben den Tod;
Das brächte uns noch große Not.
Nun sagt, soll ich die Stelle ihr künden,
Und sollen wir mit guten Gründen,
Da alle Welt ist christlich worden,
Nicht auch lassen von jüdischem Orden?«
Die Juden aber beschlossen,
Daß keiner ihrer Genossen
Den Ort des Kreuzes zeige
Noch sich dem Christenglaube neige,
Bis Helena sie bedrohte
Mit Kerker und mit Tode.
Da wandte Judas seinen Sinn;
Er führte hin die Kaiserin
Auf Calvaria zur Höhe,
Um so zu fliehen allem Wehe.
Seht, da weiste Gott der gute
Der Christenheit selber die Rute,
Die den Teufel niederschlug,
Durch einen süßen Geruch, den trug
Die Luft von jenem Hügel her.
Auf seine Kniee sank nunmehr
Judas und glaubte an den Christ.
Ein Venustempel stand zur Frist
Noch dort; den ließ die Kaiserin
Erst niederbrechen. Weiterhin
Grub man in die Tiefe und fand
Dort bald drei Kreuze allzuhand.
Welches Kreuz das rechte war,
Des ward man alsobald gewahr,
Indem man auch die Tafel fand,
Auf welcher Jesu Name stand.
Eben ward dort zu Grabe gebracht
Ein toter Jüngling; man legte sacht
Das wahre Kreuz auf den Leichnam. Sieh',
Zu neuem Leben erstand er hie!
So ward geheilt auch bald nach dem
Eine reiche Frau von Jerusalem
Durch
Makarius, den Bischof der Stadt,
Der das Kreuz dahin getragen hat.
Als das Kreuz so war gefunden,
Da hörte man zu denselben Stunden
Die Teufel in den Lüften schreien
Und den Judas arg bedreuen.
Doch dieser selige Judas ward
Ein guter Christ von heiliger Art,
In der Taufe
Quiriakus genannt
Und drauf zum Bischof anerkannt
Der heiligen Stadt. Er fand noch schier
Auch die heiligen Nägel vier.
Man sagt, daß Helena deren einen
Ins Meer ließ werfen mit Klagen und Weinen,
Als bei der Rückfahrt von ungefähr
Ein Sturm im Adriatischen Meer
Entstand. Gleich legte sich sein Toben.
Den zweiten Nagel hoch zu loben
Ließ sie zu einem Zaum verschmieden
Für's Streitroß Konstantins, daß Frieden
Und Sieg ihm allzeit Gott gewähre.
Den dritten Nagel brachte die hehre
Auf einem Bild Konstantins an,
Das hoch aufragte himmelan.
Quiriakus ward in späterer Zeit
Durch des bösen
Julianus Neid
Gemartert. Er ließ ihm abhauen
Den rechten Arm, der voll Vertrauen
Den Christen schrieb so mannigen Brief
Und viele Juden zum Glauben berief.
Heißes Blei ward dann gegossen
In seinen Mund, der von Weisheit geflossen.
Auf glühendem Rost ward er gereckt,
In einen Schlangenturm gesteckt,
Mit heißem Oel getauft, zuletzt
Ward seinem Leben ein Ziel gesetzt,
Indem man durch ihn stach ein Schwert.
Der gute Jude ehrenwert
Freut sich nun unter der lichten Krone
Im Himmel an der Heiligen Lohne.
Zu Ende ist nun mein Gesang,
Vollbracht des Kreuzes Siegesgang.
Das Banner, dem der Heiligen Chor
Nachfolgt, das Christus hält empor,
Das sollen wir in schweren Tagen
Wieder zu Kampf und Siege tragen
Von Pol zu Pol, bis alle Welt
Sich treu zu diesem Zeichen stellt.
So wird uns Seligkeit und Heil
Hier und in jener Welt zu teil.
Fest steht das Ziel so hell und klar:
Wohlauf, getreue Heldenschar!
Gott ist hier Richter in dem Spiel,
Die Himmelskrone ist das Ziel.
Im Kampf nur wird, o Christenheld,
Von dir erzielt der Kern der Welt.
Kreuzfindung 3. Mai 326. Passional II. S. 265. Der vierte Nagel vom Kreuz wurde zur eisernen Krone verschmiedet.