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Johannis jämmerlichen Mord
Lohnte Gott der Herr hinfort
An dem herodischen Geschlecht
Nach allem Fug und allem Recht.
Das böse Weib Herodias,
Das also mörderlichen Haß
Auf Johannes hatte gewandt,
Hatte einen Bruder,
Agrippa genannt;
Der kam in also groß Verderben,
Daß er fast wollte Hungers sterben.
Sie bat Herodes, ihren Mann,
Daß er aus Not und Leid fortan
Den Bruder rette, sonst leide Schaden
Des Hauses Ehre. Der Fürst ließ laden
Den Schwager und endete seine Not,
Indem er ihm seine Hilfe bot.
Er teilte ihm freundlich mit sein Gut,
Daß er nicht mehr durch Armut
Dürfte solche Not bestehen,
Die ihm ans Leben sollte gehen.
In kurzer Zeit darnach geschah,
Daß man Herodes fröhlich sah,
Weil er vom Weine trunken ward.
Der Wein bewies wohl seine Art
Und gab dem Trunk'nen freies Wort.
Er sah den Agrippa bei ihm dort
Und warf ihm vor seine frühere Not:
Er wäre verdorben, mit Schanden tot,
Wäre er ihm nicht zu Hilfe gekommen.
Da Agrippa hätte vernommen
Die Lasterworte, schuf es ihm Schmerzen,
Es ging ihm allzu nah' dem Herzen.
Er wagte nicht zu widersprechen,
Doch dacht' er anders sich zu rächen.
Er verließ den Schwager mit leidigem Sinn
Und fuhr eilig nach Rom dahin
Zum Kaiser
Gaius Caligula,
Der hatte die Gewalt allda.
Er nahm den Agrippa in sein Haus
Und ward ihm freundlich überaus,
Bis er ihm endlich mit milder Hand
Zwei Vierteile vom Judenland
Und dazu Königsnamen schenkte.
Die allzu große Ehre kränkte
Herodias, die Schwester, und
Sie reizte nun zu jeder Stund'
Den eignen Gatten auf, daß er,
Sich auch zu schaffen gleiche Ehr',
Nach Rom hinfahre und König hieße.
Er bat vergebens, daß sie ihn ließe
Allda im Lande bleiben mit Frieden;
Er hätte die Ehre gern vermieden,
Auf daß er hätte gemächliche Ruh'.
Die Frau aber sprach so lang' ihm zu,
Bis sie ihn endlich überwand.
So fuhren beide allzuhand
Nach Rom zum Kaiser übers Meer.
Doch als Agrippa dies vorher
Erfuhr, deucht ihn die Sache schief;
Er schrieb dem Kaiser diesen Brief:
»Erfahre, Herr, bei Zeit von mir,
Daß Herodes, der zu dir
Wohl um den Königsnamen fährt,
Sich heimlich deiner Herrschaft wehrt.
Der Partherkönig und auch er
Rüsten beide ein großes Heer,
Sie sammeln Waffen längst, mit Listen
Siebzigtausend Mann zu rüsten.«
Der Kaiser Gaius hielt verborgen
Die Kunde, doch schuf sie ihm Sorgen.
Er fragte Herodes, ob zur Zeit
Er so viel Waffen habe bereit.
Herodes, der sich nicht versah
Der List, bekannte offen da:
»Ja, Herre mein, dem ist also.«
Da ward der Kaiser sehr unfroh,
Denn er gedachte an den Brief.
Seine Freundschaft ward gegen ihn so schief,
Daß er ihm auch die Würde nahm,
Die zu vermehren er herkam,
Und ihn dazu verbannte,
In fernes Land versandte.
Sein Weib wollte nicht von ihm scheiden;
So starben elend diese beiden
Zur Strafe alter Sünden.
Auch von der Tochter will ich künden,
Die Schuld war an Johannis Tod;
Drum kam sie bald in große Not.
Die Böse, die Unweise
Ging einmal auf dem Eise;
Dies brach und die Maid ertrank:
So nahm das Unglück seinen Gang.
Doch kündet von ihr andre Märe,
Daß sie von Teufeln ergriffen wäre
Und ewig mit der wilden Jagd
Nun um die ganze Erde jagt.
Des Täufers Haupt glaubt sie allzeit
Vor sich zu sehn, will es voll Neid
Erfassen, doch es weicht und weicht,
Wird nimmermehr von ihr erreicht.
Des Herodes Antipas Ende. Passional S. 352 f. Gaius Caligula regierte 37-41 n. Chr.