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Ignatius war ein guter Mann,
Dem viel der Gnade ward gethan
Von unserem Heiland lieb und klar.
Er war in jener Kinderschar,
Die von den Müttern wohlbedacht
Dem Heiland wurde hingebracht,
Daß er die Kleinen segnen solle.
Und er, der liebevolle,
Nahm da Ignatius, den kleinen,
Und sagte also zu den Seinen:
»Wenn ihr nicht werdet den Kindern gleich,
So kommt ihr nie ins Himmelreich!«
Nach Jesu Christi Tode
War es Johannes, der Zwölfbote
Und der Evangelist so groß,
Der ihn mit dem Wasser der Taufe begoß.
Er wuchs in Zucht und hohem Mute,
So daß Johannes der gute
Ihn Bischof werden ließ.
Antiochia hieß
Die Stadt, wo er predigte und lehrte
Und die Leute bekehrte.
Als so der Zeit schon viel verlief,
Da schrieb er hin einen Brief
An Christi Mutter Marien;
Er schrieb: »Uns ward verliehen
Die Gnade von deinem göttlichen Kind,
Viel Wunder und Lehren hochgesinnt
Zu hören. Was ich nun vernommen,
Das würde mir noch besser frommen,
Wenn du, Frau, die du allermeist
Von seiner rechten Heiligkeit weißt
Und immer bei ihm gewesen bist,
Mir kündetest, was Wahrheit ist.«
Maria schrieb ihm wieder so:
»Dem lieben Ignatio,
Der nach der Wahrheit jagt,
Schreib' ich, demütige Magd
Jesu Christi des lieben:
Du sollst es nicht aufschieben,
Was du hast von ihm vernommen;
Es ist alles vollkommen
Auf rechter Wahrheit begründet,
Was dir Johannes hat verkündet,
Dein Meister, der gute Mann.
Glaub' es und halte dich daran
Mit guten Werken tugendlich!
Wir beide, Johannes und auch ich,
Wollen baldig zu dir kommen,
Dir und anderen zu frommen,
Die an Christus glauben.
Laß dir den Mut nicht rauben
Durch widerwärtige Irrungen,
Nein, halte in den Wirrungen
Kühn und fröhlich deinen Geist
Zu Gottes Güte allermeist!«
Wie freute dieser Brief den Frommen!
So ward er heilig und vollkommen.
Darauf über manches Jahr
Ein übermütiger Kaiser war
Zu Rom, der war
Traianus genannt.
Der kam als Sieger vom Partherland
Zurück in seine Reiche hin
Und bedrückte in hochfährtigem Sinn
Die Christen. Doch ihm zum Verdruß
Trat vor ihn Sankt Ignatius
Und verwies ihm die Härtigkeit,
Die er der frommen Christenheit
Also lästerlich bot
Mit manniger Not
Bis auf den Tod;
Davon ihrer viele waren verlor'n.
Der Kaiser faßte großen Zorn
Auf diese neue Lehre;
Er dachte seiner Unehre,
Wie er ihm das Schelten
Möchte wohl vergelten.
Er verdammte ihn zum Tod,
Ließ ihn fesseln und gebot
Zehn Rittern, daß sie ihn alsbald
Nach Rom hinbrächten mit Gewalt,
Durch wilde Tiere dort zu sterben.
Den Martertod sich zu erwerben
War des Heiligen Ziel. Er wollte
Gerne zu lauterem Golde
Im Ofen des Leidens werden.
Er sorgte in seinen Gefährden
Nur darum, daß niemand suche
Ihn von des Kaisers Urteilsspruche
Zu retten. Und in diesem Sinne
Schrieb er Briefe voll hoher Minne
An die getreuen Freunde hin.
Als er zu Rom vor dem Kaiser erschien,
Sprach dieser also: »Gern verziehn
Sei dir, was du gegen mich verbrachst,
Wenn du es wieder gut machst
Und unseren Göttern Opfer bringst.«
Ignatius sprach: »Vergebens dringst
Du noch in mich. Hier steht mein Leben
Vor dir. Was dir an Macht gegeben
Das thu' mit mir! Fest bleibt mein Mut.«
Da ließ der Kaiser ihn voll Wut
Schlagen und peinigen. Doch der gute
Ertrug das alles mit frohem Mute.
Ihm wäre weh, ihm wäre wohl,
Den Namen Jesus schrie er hoffnungsvoll.
Er hatte zu jeder Stunde
Den Namen Jesu Christi im Munde.
Und auf der Peiniger spöttliche Frage,
Warum er stets den Namen sage,
Erwiderte er milde den Leuten:
»Den Namen, den gebenedeiten,
Muß ich immer im Munde haben,
Denn er ist so fest eingegraben
In meinem Herzen drinnen.
Darum muß ich ihn minnen
Und kann ihn nicht vergessen;
So hat er mich besessen.«
Siedendes Wasser, Kohlenglut,
Konnten ihm nicht der Minne Flut
Im brennenden Herzen erlöschen; nein,
Fast schien es Zauberei zu sein
Dem Kaiser und den Richtern all.
Zum letzten Ende nun befahl
Traianus, den frommen Bischof
Vor dem Senat und dem ganzen Hof
Den Löwen zur Beute zu geben,
Dem Volk zum Schauspiel. So ward das Streben
Des Heiligen erfüllt. Er rief,
Als schon auf ihn der Löwe lief:
»Nun hört, ihr Römer; ich will nicht vermeiden,
Allhie die letzte Not zu leiden,
Wofür mich Gott will lohnen gut.
Er sei gelobt, was er mir thut!
Ich trag's ohne Ungeduld und Zorn.
Sieh, ich bin unseres Herren Korn!
Zu Mehl gemahlen in harter Not
Soll ich nun werden, ihm zum Brot,
Durch Löwenzähne: das ist mein Recht,
Denn ich bin ein guter Gottesknecht.«
So starb er. Seinen Leichnam ließen
Die grimmen Löwen unzerbissen.
Die Henker nur, gedenkend der Rede
Vom Namen Jesu, setzten jede
Scheu beiseite und entrissen
Dem Leib das Herz, um so zu wissen,
Ob dort der Name wirklich stünde.
Doch bald bereuten sie die Sünde
Und ihren Spott, denn wirklich stand
Der Name dem Herzen eingebrannt.
Durch dieses Wunder bekehrten
Sich viele zum verehrten
Gebenedeiten Namen,
Dem minniglichen, lobesamen,
Der so zum Ernst wandte den Spott.
Nun sollen wir auch bitten Gott,
Daß er bei uns bleibe
Und seinen heiligen Namen schreibe
In unsere Herzen drinnen,
Daß wir ihn allzeit minnen.
Ja, Jesu, Jesu, schreibe,
Schreib dich in mich und bleibe
In Seele, Herz und Leibe!
In jenen selben Zeiten fiel
Auch
Evaristus, der Papst, ein Ziel
Der Wut der Heiden, zum Schwert verdammt,
Nachfolger des Clemens im Bischofsamt,
Eudoxia auch, die hoch geehrte,
Die der Mönch Germanus bekehrte
Von sündigem Leben; zu höchstem Heil
Ward ihr der Tod durchs Schwert zuteil.
Ignatius, 1. Febr. 107 oder 112. Passional II. S. 161.