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Valentinus

Sankt Valentin, zum Priester geweiht,
Lebte zu derselben Zeit,
Da Claudius der Zweite war
Römischer Kaiser. Offenbar
Ward diesem sein Christentum; da ließ
Der Kaiser ihn holen und sagte dies:
»O Valentinus, sage mir,
Mein Freund, warum hast du an dir
Eine fremde Gewohnheit, die dich triebe
Von mir und meiner Liebe,
Da du glauben willst an Christ,
Der dir zu nichts gut ist?
Das kommt dir nicht zu frommen!
Du solltest fröhlich kommen
Vor die Götter und ihnen geben
Dienstliches Opfer für dein Leben!
Sie geben dir Ehre und gut Gemach.«

Valentinus dagegen sprach:
»Ei, Kaiser, wäre dir nur bekannt
Gottes reichliche Vaterhand,
Was die den Seinen Liebes thut,
Ich weiß wohl, daß du deinen Mut
Wendetest von den Göttern, den toten,
Und dich an Christi Geboten
Hieltest immer fürbaß.
Den Göttern trügest du Haß,
Weil dir zu Gott die Liebe käme
Und dein Herz ganz einnähme.
Die Götter aber, von denen sie sagen,
Das waren Leute bei ihren Tagen;
Haß und Neid sah man sie tragen.
All' ihre Würde ist nun hin.
Ihnen zu opfern, hat keinen Sinn.
Doch Christus ist Licht, ist wahrer Gott.
Behieltest du sein Gebot,
So wollte er dir zu Lohne geben
Dort bei ihm ein ewiges Leben,
Und deiner Feinde dürfte sich
Keiner aufrichten wider dich!«

Claudius ward durch die Rede bewegt.
Die Fürsten aber, vom Zorn erregt,
Sprachen: »Willst du dich auch bekehren
Und die neue Christenheit lehren?
Wir sollen lieber behalten
Die Lehren unserer Alten!«

Der Kaiser schwieg zu diesen Dingen.
Man ließ den Priester zum Kerker bringen.
Sein Hüter hatte ein liebes Kind,
Ein Töchterlein, doch war es blind.
Da sprach er so zu Valentin:
»Du sprachst von deinem Gott vorhin,
Er sei ein Licht. Wenn er entzünde
Die Augen meinem lieben Kinde,
So will ich lassen meine Götter
Und folgen ihm, dem wahren Retter.«

Da freute sich Valentin, der gute;
Er betete mit getreuem Mute
Zu Gott; der half dem Kinde da.
Wie freute sich, als er es sah,
Der Vater! Er und all' die Seinen
Eilten, sich Christo zu vereinen.

Dem Priester schlug man ab das Haupt.
Er fand den Lohn, wie er geglaubt.

Valentin, 14. Febr. Passional II. S. 185.


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