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Von einem lieben Heiligen sei
Euch hier gesagt, der mancherlei
Schon eh' gethan, doch nun erst ganz
Erschien in seines Namens Glanz.
Nikolaus, der reine Mann,
Der viele Gnaden von Gott gewann,
War aus
Patara geboren
In
Lycien. Zum Heil erkoren
Hatte Gott ihn und er Gott.
Sein Erbe nach des Vaters Tod
Teilte er aus den Armen
Mit innigem Erbarmen.
Und als er hörte, daß ein Mann,
Dereinst gar edel und wohlgethan,
Aus Armut seiner drei Töchter Leben
Wollte der Schande übergeben,
Da warf er ihm zu nächtlichen Stunden
Sein letztes Geld, in ein Tuch gebunden,
Zum Fenster hinein in sein Haus.
Damit steuerte jener aus
Die älteste Tochter und gab sie dann
Zur Ehe einem ehrbaren Mann.
Doch bald erwächst ihm neue Not,
Und neuerliche Versuchung droht;
Und wieder wirft bei nächtlicher Fahrt
Das Geld, das er zusammengespart,
Der Heilige in des Armen Kammer,
Die Schmach zu wenden und den Jammer.
Des Morgens, da es jener sah,
Wie freut er sich! So sprach er da:
»Wer mag das sein, der mir da hat
Mit also reicher Wohlthat
Meine Armut benommen?
Nun will ich wachen, um den Frommen
Wohl zu entdecken, der sich hehlt
Und doch so gut weiß, was mir fehlt.«
Und in der That, da Nikolaus
Zum drittenmal kam, lief er hinaus.
Nikolaus floh, doch jener rief.
Der Heilige lief und jener lief,
Bis er ihn ereilte. Allzuhand
Ward Nikolaus von ihm erkannt.
Er fiel ihm gleich zu Füßen,
Ihm zu danken und ihn zu grüßen.
Doch Nikolaus sprach: »Nimmermehr
Ist es mein Wille und Begehr,
Daß du sollst davon Kunde geben,
Solang ich selber bin am Leben.«
So schieden da die beiden.
Bald darauf mußte vom Leben scheiden
Der Bischof von
Myra. Da vernahm
Ein Mann gar fromm und lobesam
Im Traum eine Stimme, die befahl,
Der Mann sei Bischof ihrer Wahl,
Der in die Kirche morgens früh
Als erster käm' zur Mette hie.
Nun kam auf der Fahrt ins heilige Land,
Nachdem er mit wunderthätiger Hand
Einen Sturm gestillt auf hohem Meer,
Sankt Nikolaus soeben her.
Ach, wie erschrak allda der Gute!
Kaum hielt sich mit bescheid'nem Mute
Der Fromme würdig der Gewalt.
Doch Gott verherrlichte ihn bald
Mit großen Wundern. Und vor allen
Ist ihm das Amt zugefallen,
Schiffleuten auf dem Meer zum Frommen
In eigner Gestalt hinzukommen
Und sie zu führen aus den Wogen,
Wenn sie fürbittend sich bezogen
Auf ihn, den treuen Gottesknecht.
Sie dankten ihm's, und das war recht.
Einmal erhub sich Hungersnot.
Es fehlte Geld, es fehlte Brot.
Da kamen Schiffe zu den Gestaden,
Die hatten Weizen für Rom geladen.
Der Heilige bat die Schifferleute,
Sie möchten einen Teil für heute
Ihm leihen; er würde es erstatten.
Sie thaten es. Den Hungersmatten
Teilte er's aus. Doch wie und wann
Sollt' er's ersetzen, der arme Mann?
Nun hört das Wunder: als zum Hafen
Von Rom die Schiffe wohl eintrafen,
Da fanden sie, daß von der Ladung
Kein Scheffel fehlte. Die Begnadung
Des Himmels konnten alle schauen
Und stärkten so ihr Gottvertrauen.
Vor jener Zeit, ehe das Land
Gottes Glauben hatte erkannt,
Da hatten sie manchen Abgott,
Den sie zu teufelischem Spott
Ehrten mit allem Sinn.
Nun war eine große Göttin
Vielgewaltig da gewesen,
Die das Volk hatte auserlesen.
Noch manchen Bauer gab's, der ehrte
Mit Opfern sie. Die Menge kehrte
Sich dazu hin. In einem Hain
Mußt' ihr ein Baum geweihet sein.
Diana, so war sie genannt.
Als Nikolaus dies ward bekannt,
Da grämte ihn die Märe,
Daß noch die falsche Lehre
Der Teufel zu so vielen trug.
Ihn jammerte der Unfug,
In den Satan so viele stieß,
Daß er den Baum umhauen ließ.
Drum trug Diana großen Haß
Auf Nikolaus ohn' Unterlaß.
Sie machte ein Oel, das sie wohl kannte,
Das wider die Natur entbrannte
Im Wasser und an Steinen gar;
Das gab sie in ein Faß fürwahr
Und wollte Schifferleute dingen,
Es zu Nikolaus hinzubringen;
Damit sollten sie allenthalben
Sein Haus und seine Kirche salben.
Den Schiffern aber erschien im Meer
Ein Schiff, drauf stund, als ob es wär'
Nikolaus selber, eine Gestalt,
Die befahl mit heiliger Gewalt,
Das Oel ins Meer zu gießen.
Da sah man Flammen schießen!
Doch schadete es den Männern nicht.
So ward der Göttin List zunicht.
Als Kaiser
Diocletian
Zugleich mit
Maximian
Davon erfuhren, ward der Mann,
Der solches wider die Götter gethan,
Ergriffen und gefangen,
Und konnte nicht eher Freiheit erlangen,
Als bis der Kaiser
Constantin
Den Christen allen zum Heil erschien,
Und ihn erlöste aus der Qual.
Der Kaiser berief auch dazumal
Der Bischöfe und Frommen viel
Nach
Nicäa zum Konzil.
Nikolaus war auch dabei
Und kämpfte gegen die Ketzerei
Mit aller guten Bischöfe Zahl.
Nun fügte sich's zu Rom einmal,
Daß der Kaiser in ein Land
Drei Fürsten hatte hingesandt,
Die sollten es treulich richten
Und alle Dinge schlichten.
Ursus, Herpilio, Nepotian,
So hießen die Herren wohlgethan.
Die kamen auch nach
Myra hin,
Wo ein böser Richter mit tückischem Sinn
Drei Männer ungerecht zum Tod
Verurteilt hatte. Dieser Not
Machte Nikolaus ein Ende.
Er rettete behende
Die Armen, indem er mit eigener Hand
Dem Henker das Richtschwert entwand.
Dann wandte er sich zum Richter und warf
Ihm seine Untreue gar scharf
Mit Worten vor. Der fühlte Reue
Und wandte sich zum Recht aufs neue.
Doch es geschah nach kurzer Zeit,
Daß die drei Fürsten durch üblen Neid
Beim Kaiser selber in Ungnade kamen
Und ein böses Schicksal nahmen.
Da riefen sie im Kerker an
Nikolaus, den heiligen Mann,
Dessen große Gerechtigkeit
Und Scharfsinn ihnen vor kurzer Zeit
Sich also mächtig hatte erwiesen.
Und nicht vergebens riefen sie diesen;
Denn er erschien im Traum alsbald
Dem Kaiser, und mit der Wahrheit Gewalt
Entdeckte er ihm den Betrug,
Der jene drei in Fessel schlug.
Und so erschien er auch dem Mann,
Der ihren Untergang ersann,
Und drohte ihm mit bösem Ende,
Wenn er nicht bald zum Heil sich wende.
Der ging auch in sich und bekannte
Die Falschheit. Und der Kaiser sandte
Sogleich zum Kerker und ließ frei
Die Fürsten, bat sie noch dabei,
Sie möchten mit reichen Geschenken
Zu Nikolaus die Schritte lenken
Und ihn bitten, mit Gebeten
Vor Gott alle zu vertreten;
Er möge auch nimmer zu keinen Zeiten
Dem Kaiser solche Angst bereiten.
Als Nikolaus dem Tode nah,
Sandte Gott seine Engel da,
Die seine Seele geleitet haben.
Sein Leib ward zu Myra begraben.
Doch als die Stadt und auch das Land
Durch Schuld der Leute ward verbrannt,
Da kamen her von Bare
In demselben Jahre
Siebenundvierzig Ritter gut,
Die brachten mit frommem Mut
Die Gebeine in ihre Stadt
Auf vierer Mönche weisen Rat.
Dort ruhen sie bis auf diesen Tag,
Und mancher reiche Segen mag
Davon der Stadt herkommen
Und allen jenen Frommen,
Die Nikolaus vertrauen
Und auf seine Fürbitte bauen.
Davon giebt es gar viele Mären.
Dem guten Geber zur Ehre bescheren
Wir noch immer an seinem Tag
Unseren Kindern, was sie mag
Erfreuen. Also übt sein Geist
Durch uns noch Gutes allermeist.
O Ruhm der Welt mit deinen Reichen,
Was kann sich diesem Ruhm vergleichen?
Nikolaus, 6. Dez. 352 (?). Passional II. S. 6. Bare ist Bari in Unteritalien.