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Vincentius der Gottesheld
War zum Diakon erwählt
Beim Bischof
Valerius
Von
Saragossa. Nach dessen Beschluß
Sollte er die Leute lehren;
Denn der Bischof schien zu entbehren
Der Gabe der Beredsamkeit;
Sein Amt war das Gebet allzeit.
Sie lebten einander hold gesinnt,
Wie ein Vater und sein Kind.
Dies war in derselben Zeit,
Da die Heiden mit Haß und Neid
Auf die Christenheit jagten.
Wie bald sie da verklagten
Die beiden Frommen mit falschem Wort
Beim Richter
Dacianus dort!
Der ließ sie in den Kerker schließen,
Zum Hungertod verdammt. Sie ließen
Sich aber Gottes Wort allein
Zu ihrer rechten Speise sein.
Sie blieben lebend und gesund.
Als dies dem Richter wurde kund,
Ließ er sie wieder vor sich bringen,
Und er begann mit Zorn zu dringen
In den Bischof, so daß der
Voll Schrecken fast gewichen wär',
Wenn nicht Vincentius unverzagt
An seiner Stelle hätte gesagt,
Was einem guten Christenhelden
Hier wohl ziemte zu vermelden.
Als dies der Fürst Dacianus sah,
Voll Zorn entbrannte er allda;
Ihn ärgerte dieser Junge.
Seiner weisen Zunge
Wollte er die Rede lohnen.
Des Alten dachte er zu schonen;
Doch wurde er auch noch versandt
In ein fernes Inselland,
Wo er auch mußte verderben.
Eh' man Vincentius ließ sterben,
Mit Besen und mit Geißeln hart
Ihm mancher Schlag gegeben ward,
Daß ihm die weiße Haut aufbrach.
Doch er hielt's nicht für Ungemach,
So daß Dacianus, zornig genug,
Die Knechte säumig schalt und schlug.
Umsonst! Der Fromme weicht auch nicht,
Als ihm der Grausame verspricht,
Das Leben ihm zu schenken,
Wenn er des Opfers wollte denken.
Umsonst! Auf glühenden Rost gestreckt,
Lobt er den Heiland ungeschreckt.
Auf Scherben ruhend in Kerkerketten,
Dünkt er sich wie auf Blumenbetten.
Die Wächter hören seinen Sang
Einstimmen in der Engel Klang.
Da muß ihr Herze sich erweichen
Vor diesem neuen Wunderzeichen.
Sie bekennen alle den wahren Gott
Und bekehren sich auf sein Gebot.
Als Dacianus dies vernahm,
Ergriff ihn Neid und Groll und Scham.
Er gönnte nicht den Martertod
Dem Frommen, nein, nach aller Not
Ließ er ihn auf weiche Betten legen
Und seiner großen Wunden pflegen.
Gott aber rief den Heiligen ab.
Man gönnte ihm nun nicht das Grab;
Man warf ihn aufs Gefilde,
Auf daß er von dem Wilde
Zerrissen werde. Doch seinem Knecht
Erwies der Herr der Treue Recht.
Er sandte einen großen
Raben
Vom Himmel nieder, acht zu haben
Des Guten. Dieser jagte,
Was sich heran nur wagte,
Von dannen. Hei, wie flohen
Wölfe und Geier vor seinem Drohen!
Am Hals mit einem Mühlensteine
Ward nun der Leib, der reine,
Ins Meer geworfen von den Heiden.
Das Meer jedoch wollte nicht leiden
Die Schmach; es trieb den Leichnam her
Bis an die Küste. Dort nunmehr
Nahm eine Witwe rein und gut
Den heiligen Leib in ihre Hut,
Von Gott gewiesen. Und mit mehrern
Guten Gottverehrern
Begrub sie ihn nach christlichem Rechte.
Dem reinen Gottesknechte
Befehlen wir uns allezeit,
Daß er mit seiner Beredsamkeit
Vor Gott für uns bete
Und unsere Sache vertrete,
Bis uns auch von der Erde
Zu Gott der Zutritt werde.
Vincentius, 22. Jan. 304. Passional II. S. 119.