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Papst Sixtus.
Laurentius und Hippolytus

Damit ich euch berichte
Die heilige Geschichte
Von Sixtus und Laurentius,
Muß ich von früher'n Tagen
Noch manches künden und sagen.

Laurentius, der gute,
Der mit hohem Mute,
Wie der Vollkommenen Sitte ist,
Aushielt bei seinem Herren Christ,
Dem er erwählt war und erkoren,
War aus Hispanien geboren
Aus edlem Stamm. Als Sixtus kam
Dahin, fand er ihn dort und nahm
Ihn mit nach Rom. Dort ward der gute
Sixtus bald Papst, der hochgemute
Laurentius Archidiakon.

Nun saß vor jener Zeit am Thron
Kaiser Philippus; mit seinem Sohn
War er zum Christentum getreten
Und baute viele heilige Stätten.
Das geschah im tausendsten Jahr,
Seit die Stadt Rom erbauet war.

Dies Fest ward gefeiert mit großen Spielen;
Und unter den Rittern allen, den vielen,
Erscholl am meisten des Ritters Lob,
Der Decius hieß, den alles erhob.

Weil damals Gallien dem Reich
Sich widersetzte, schickte sogleich
Der Kaiser Philippus den Decius hin
Mit großem Heer. Sein kühner Sinn
Errang bald über die Feinde den Sieg.
Mit Ehren kam er aus dem Krieg.

Doch falsch und treulos war sein Streben;
Er stellte dem Kaiser nach dem Leben.
Da dieser ihm entgegen reiste
Und viele Wohlthaten erweiste,
Fiel er durch Decius' Hand, der gute,
Als er im Zelte schlafend ruhte.
Der Mörder rief vor allem Heer:
»Ich schlug den Kaiser drum, weil er
Das Reich den Christen wollte verraten!«
So gewann er sie für seine Thaten
Und zog gegen Rom mit mächtigem Droh'n.

Der junge Philippus, des Kaisers Sohn,
Erschrak darob und fürchtete sehr
Für das eigene Leben; drum eilte er,
Den Schatz des Kaisers zu übergeben
Dem frommen Sixtus und daneben
Auch dem Archidiakon
Laurentius. Dann floh er davon.
Doch auf der Flucht erreichte ihn bald
Die Hand des Mörders. Er fiel der Gewalt.

Decius zog ein in die Stadt.
Das Volk und der Senat
Versammelte sich vor seinem Throne
Und bestätigte ihm die Krone.

Um seine Mordthat zu bedecken
Mit fremdem Grund, warf er den Schrecken
Nun auf die Christen und befahl,
Den Feinden der Götter Tod und Qual
Zu bereiten und ihre Habe zu rauben.
Da kam über den Christenglauben
Wohl die jämmerlichste Zeit.
Man zersprengte weit und breit
Die Kirchen und erschlug fürwahr
Manche tausend in einem Jahr.
Dies große Drangsal hielt noch an
Bis auf den Kaiser Valerian.

Nun strebte dieser immerfort
Nach des alten Kaisers Philippus Hort.
Da ward ihm hinterbracht, man hätte
Den Schatz an hochgeweihter Stätte
Beim Papste Sixtus selbst versteckt.
Er ließ ihn suchen; doch entdeckt
Ward er drum nicht. Da ließ er ergreifen
Den Papst und in den Kerker schleifen.
Klagend rief ihm Laurentius nach.
Der alte Sixtus aber sprach
Ihm gütlich zu: »Mein lieber Sohn,
Auch du empfängst gar bald den Lohn
Der Treue hernach über drei Tage.
Nun höre mehr, was ich dir sage
In Heimlichkeit: den großen Hort
Verteile den Armen alsofort!«

Das that Laurentius. Unter die Armen
Verteilte er nicht nur mit Erbarmen
Den ganzen Schatz, er diente auch
Ihnen nach gutem Christenbrauch,
Wusch ihnen die Füße, heilte die Kranken,
Getreu dem Amt, ohne zu wanken.

Mit Sixtus brachte man auch noch zwei
Andere Christen zum Richter herbei:
Agapetus und Felicissimus.
Der Richter Valerian ließ zum Schluß,
Da sie dem Gotte Mars die Ehre
Verweigerten, die drei zur Lehre
Für alle Christen enthaupten. Da
Rief noch Laurentius, als er sah
Den Meister sterben, so ihm zu:
»O Vater, des Hortes habe du
Nicht Sorge mehr! Er ist verzehrt,
Wie du geboten und begehrt.«

So starb Sixtus mit den beiden.
Nun ergriffen gleich die gierigen Heiden
Laurentius und forschten darnach,
Wohin der Schatz sei, von dem er sprach.

Der Heilige ward in eines Herren Hand
Befohlen, Hippolytus genannt;
Der hielt im Kerker ihn gefangen.
Nun kam dahin gegangen
Ein Heide Lucillus, blind von Gesicht;
Den heilte Laurenz mit Zuversicht,
Da er das Heidentum verließ
Und gläubig die Taufe verhieß.
Da kamen noch der Blinden mehr
Zum Wunderthäter bittend her.
Die ließ er alle mit guten Lehren
Und sehenden Augen von dannen kehren.

Als Hippolytus dies vernahm,
Erstaunte er gar sehr und kam
Auch zu Laurentius und fragte
Ihn um den Schatz. Der Heilige sagte:
»Den Schatz kannst du nur schaun, wenn du
Dem Himmelreich dich wendest zu!«
Und er belehrte ihn so lang,
Bis er den guten ganz bezwang.
Durch ein Gesicht von Gott bewährte
Sich noch sein Glaube, und er kehrte
Mit seinem ganzen Haus sofort
Sich gläubig zu dem ewigen Wort.

Bald drauf, nachdem dies war gethan,
Entbot der Kaiser Valerian,
Daß Hippolytus käme
Und Laurentius mitnähme.
Wieder fragte man nach dem Hort.
Da sprach Laurentius das Wort:
»Gebt mir nur drei Tage Frist,
So künd' ich euch, wo jener ist.«
Hippolytus sprach für ihn gut.

Da sammelte mit frommem Mut
Laurentius alle Blinden und Lahmen,
Krummen und Bettler. Als sie so kamen
Vor den Kaiser auf den großen Platz,
Sprach er: »Sieh, das ist der ewige Schatz!
Die haben ihn zum Himmel getragen.«

Der Kaiser konnte vor Zorn nichts sagen.
Doch ließ er ihm das kühne Wort
Mit Schlägen vergelten alsofort.
Mit Bleikeulen ward er geschlagen.
Da hörte man ihn mit Freuden sagen:
»Empfange meinen Geist, o Herr!«
Jedoch da kam vom Himmel her
Eine Stimme, die sprach: »Harre noch aus!
Dir steht bevor ein härterer Strauß!«

Der Kaiser hörte es und schrie:
»Die Teufel helfen ihm allhie!«
Er ließ ihn aufs neue schlagen. Seht,
Da sprach Laurentius sein Gebet
Für alle Ungläubigen zu Gotte.

Nun stand ein Ritter in der Rotte,
Romanus war er genannt.
Ihm wurde dadurch sein Herz gewandt
Zum Glauben und, erleuchtet vom Himmel,
Sah er einen Engel im Gewimmel
Des Haufens steh'n und den Märtyrer stärken
Mit Worten und mit Liebeswerken.
Laut rief er da: »Ich bin ein Christ!
Vernehmt es alle, daß ihr's wißt!«
Dann lief er gottergriffen hin
Nach einem Eimer; mit innigem Sinn
Warf er sich zu Laurentius' Füßen
Und rief: »O nimm mich mit der süßen
Taufe auf in deine Gemeine!«
Den Eimer nahm Laurenz der reine
Und taufte ihn. Ueber den Ritter
Entbrannte des Kaisers Zorn gar bitter.
Er ließ ihn sogleich mit Geißeln plagen,
Und ihm darauf das Haupt abschlagen.
So ging Romanus, der heidnische Held,
Noch vor seinem Täufer zum Himmelszelt.

Auf einem glühenden Roste ließ
Man nun Laurentius peinigen. Dies
Schien aber dem Heiligen kein Schmerz.
Er sprach zum Kaiser: »Es schwebt mein Herz
In Himmelswonne, doch das deine
Brennt im höllischen Feuerscheine.
Wirf du deine Opfer den Götzen hin,
Da ich selber ein lebendes Opfer bin,
Dem wahren Gotte dargebracht.
Sieh' her, o Kaiser! Des Feuers Macht
Hat mich auf einer Seite gebraten.
So wende mich um; dann wird es geraten!«

Danksagend gab er auf den Geist.
Ein Priester Justinus war so dreist,
Mit Hippolyts Hilfe den Leib zu begraben.
Als dies geschehen war, da haben
Die beiden mit ihrem ganzen Gesind
Sich mit Gottes Leichnam geschwind
Gestärkt, dieweil sie konnten denken,
Den Kaiser würde jenes kränken.

Der ließ auch Hippolyt gleich kommen
Und sprach: »Ich habe nun vernommen
Die Kühnheit, mit der du als Heide
Den Frevler begrubest mir zu Leide.«
Hippolyt sprach: »Du irrst; ich bin
Ein Christ!« – Da riß man den Kühnen hin
Und schlug mit Steinen seinen Mund,
Mit dem er Christum eingestund.
Dann riß man sein Gewand herab,
Hierauf man ihm viel Schläge gab.

Auch sein Gesinde ward gefangen.
Da kam vor ihnen allen gegangen
Concordia, Hippolyts Amme;
Die sprach, entbrannt von des Glaubens Flamme:
»Wir wollen alle sterben
Mit unserm Herren und erwerben
Den ewigen Lohn, den er erwarb.«
Man schlug sie mit Keulen, bis sie starb.

Den anderen ließ man das Haupt abschlagen.
Indessen hörte man Hippolyt sagen
Noch manche Lehren und manches Gebet,
Womit er sein Gesinde stät
Ermahnte, zu bleiben auf rechter Bahn.

Endlich ließ Valerian
Mit vier wilden Rossen den Helden
Zu Tode schleifen, wie da melden
Die alten Mären von Theseus' Sohn;
Man that es seinem Namen zum Hohn,
Der jenem gleich war. Im Himmel fand
Er sein Gesinde, von Gottes Hand
Schön gekrönt. Justinus, der gute,
Begrub ihre Leiber mit treuem Mute.

Concordia, die Amme, ward
Noch nicht begraben; in schändlicher Art
Ward sie in einen Sumpf gebracht.
Da sprach ein Heide, auf Gold bedacht,
Porphyrius war er genannt,
Zu einem Christenknecht zuhand,
Der Irenäus hieß, das Wort:
»Hilf mir das Weib aus dem Sumpfe dort
Zu zieh'n! Vielleicht ist Gold bei ihr.«
Jedoch ihn narrte seine Begier.
Er fand kein Gold. So floh er hindann.
Die Leiche begrub der Christenmann
Mit Justinus, des Priesters, Wissen.

Der Kaiser, auf Rache nur beflissen,
Ließ auch Irenäus ergreifen
Und in den Sumpf zur Strafe schleifen:
Woraus Justin ihn später erhub
Und den Treuen ehrlich begrub.

Hier endet die Geschichte
Vom Schatz des Kaisers, der zum Lichte
Des Himmels und zur Höllenmacht
So viele Seelen hat gebracht.

Papst Sixtus, 257 – 6. Aug. 258. Die Tausendjahrfeier 248. Laurentius, 10. Aug.; Hippolytus, 13. Aug. Passional II. S. 373 f.


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