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Die heilige Thekla laßt uns preisen,
Die einst Sankt
Paulum auf seinen Reisen
Als Schülerin begleitete,
Dem Heil den Weg bereitete.
Sie hörte zu Ikonium dort,
Kaum fünfzehn Jahre alt, das Wort
Des Heidenpredigers. Ihr Sinn,
Der stets nach höchster Weisheit hin
Gestrebt, ward so davon erfaßt,
Daß sie die Wahrheit ohne Rast
Ergriff, mit ganzer Heldenkraft
Den Eid ewiger Jungfrauschaft
Ablegte, und vom Bräutigam
Thamyrus eilig Abschied nahm.
Theokla, ihre Mutter, war
Mit all der blinden Heiden Schar
Darob unwillig, und man klagte
Den Paulus an, daß er es wagte,
Die Jungfrau zu verführen. Bald
Mußte er weichen der Gewalt.
Doch Thekla floh; sie blieb ihm nah,
Bis man in Antiochia
Sie doch ergriff, nach Haus entraffte
Und vor den römischen Richter schaffte.
Als Christin ward sie nun zum Tod
Verurteilt. Wenig Schrecken bot
Ihr dies. Die wilden Tiere scheuten
Den Leib der Jungfrau und bedreuten
Einander selber. Darob entsetzt
Sandte der Richter die Jungfrau jetzt
Nach Rom. Zum Feuertode ward
Sie dort verdammt. Auf gleiche Art
Rettete sie der Himmel dort.
Nun schaffte man die Edle fort;
In eine Schlangengrube stieß
Man sie. Jedoch der Himmel ließ
Durch Blitze alle Schlangen sterben
Und die Heilige Heil erwerben
Zum dritten Mal
Aus der dritten Qual.
Die Maid entstieg der Grube nun,
Doch nicht zu fliehen, nicht zu ruhn.
Sie suchte Paulum wieder auf,
Begleitete den Lebenslauf
Des Teuren bis an seinen Tod.
Dann zog sie sich zurück und bot
Vielen Jungfrauen Beispiel und Lehre.
Als ihre Meisterin starb die Hehre
Dann heilig zu Isauria.
Ihr Leib ward zu Seleucia
Begraben, und kam später fort
Nach Mailand. Doch an jedem Ort
Kann unser Flehen zu ihr kommen.
Sie mag mir und euch allen frommen!
Thekla, 23. Sept. R. A. Lipsius, Die apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden II./1 S. 424.