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O Katharina, du viel liebe,
Der ich nun mein Gedicht zuschiebe,
O Jesu Braut, du edles Reis,
Das nicht, wie jenes im Paradeis,
Den Wurm der bösen Lust in sich
Beherbergte, so minniglich
Bist du, daß dich als nächste preisen
Nach unserer Frau der Sänger Weisen!
Constantin, Constantius' Sohn,
Verbot, den Christen mit Leid zu droh'n.
Doch als er nach Gallien mußte ziehn,
Wählten die Römer aus Haß gegen ihn
Einen anderen Kaiser über das Land,
Maxentius war er genannt.
Der schuf den Christen großes Leid.
Christus that zu dieser Zeit,
Als ob er schliefe ob seinen Schafen
Und sie zur Läuterung ließe strafen.
Hin zu
Alexandria führte
Den Kaiser der Weg, den er erkürte.
Ein großes Fest ließ er dort halten,
Des Dienstes seiner Götter zu walten.
Nun war eine Jungfrau in der Stadt
Von edlem Stamm und klugem Rat,
In jeder Weisheit wohl belehrt;
Denn die Griechen halten es wert,
Daß auch die Töchter mit den Knaben
Dieselbe Lehre sollen haben.
Katharina hieß die Maid;
Sie war zu dieser selben Zeit
Achtzehn Jahre alt. Die beiden
Eltern waren tot. Der Heiden
Viele warben schon um sie;
Doch allen widerstand sie hie,
Jesu Christo zu Liebe.
Dem alten Höllendiebe
Widerstand sie mit aller Kraft.
Das hatte ihr ihre Weisheit verschafft.
Als nun der Kaiser gar nicht fern
Von ihrem Palaste zu seinen Herrn,
Den Götzen, rief, und man das Geschrei
Vom Vieh und Spielleuten mancherlei
Vernahm, da sammelte sie geschwind
Um sich ihr edeles Gesind',
Segnete sich mit dem Kreuzeszeichen
Und ging dahin. Da sah man weichen
Das Volk vor ihr. Sie sah erst umher,
Als ob sie bedächte, was sie nunmehr
Sprechen sollte, begrüßte sodann
Den Kaiser und hub eine Rede an,
In der sie ihm seinen Wahn verwies
Und ihn den Schöpfer ehren hieß,
Der nicht des armen Viehes Tod
Begehre, nein, ihm wäre Not
Ein Herz mit reinem Sinne,
Das ihn getreulich minne.
Maxentius staunte bei diesen Sachen.
Sollte er zürnen oder lachen? –
Doch ihm gefiel die Jungfrau, die holde;
Er winkte ihr, daß sie schweigen sollte,
Beendete dann das Opfer in Hast
Und lud sie ein nach seinem Palast.
Dort fragte er sie, wer sie sei.
Sie gab zur Antwort froh und frei:
»Ich bin des Fürsten
Costus Kind.
Mich lehrten die Meister, daß ihr blind
Und irrig seid an eurem Glauben.
So thut nicht länger gleich den Tauben!«
Maxentius aber begriff
Von ihren Worten scharf und tief
Nur wenig in seinem stumpfen Sinn.
Darum berief er zu sich hin
Fünfzig Meister klug und weise,
Berühmt nach meisterlichem Preise;
Die sollten gegen reichen Sold
Die Lehre jener Jungfrau hold
Mit ihren Künsten widerlegen.
Die Weisen zürnten dieserwegen;
Denn ihnen schien das Ding ein Spott.
Doch Katharina flehte zu Gott,
Als sie von solchem Streit vernahm.
Der Engel
Michael selber kam
Darauf vom Himmel und stärkte sie
Zum Redekampf, wie ihn noch nie
Eine Jungfrau hatte geführt.
Sie redete nun, wie sich's gebührt,
Von Gottes Wesen, und wie er
Ganz Geist, doch Mensch geworden wär',
Was
Aristoteles, der Heide,
Nicht kannte; doch es prophezeite
Schon die
Sibylle längst davon.
So lehrte sie vom Gottessohn,
Daß alle fünfzig, Mann für Mann,
Vor Scham einander sahen an,
Und keiner mehr ihr widersprach.
Den Kaiser grämte diese Schmach,
Als er sie alle schweigen sah
Und köpfehängen, als ob ihnen da
Die eigenen Nasen tröffen von Blut.
Er fuhr sie an in großer Wut.
Doch der, der aller Meister war,
Sprach so zum Kaiser offen und klar:
»Was sie da sprach, so fremd ist mir
Das alles, daß mir scheint, in ihr
Sei nicht ein Mensch, sondern ein Geist,
Ein heiliger, der ihr alles weist,
Der unsere Kunst verstürzet
Und uns die Sinne kürzet.
Uns dünket, daß wir bis daher
Nur Falsches wähnten immer mehr.
Drum wollen wir in dieser Frist
Alle glauben an Jesus Christ,
Von dem die Jungfrau uns gesagt,
Nach dem es uns nun drängt und jagt.«
O welche Freudeninnigkeit
Kam da über die hohe Maid!
Der zornige Kaiser aber ließ
Die fünfzig binden. Schleunig hieß
Er dann ein großes Feuer entfachen
Und so den Bekennern den Garaus machen.
Getauft in ihrem eignen Blut,
Gehn sie zum Himmel ein voll Mut.
Nachdem dies so ergangen war,
Ließ der Kaiser, von der Schar
Des Volkes fern, in seinen Palast
Die Heilige bringen als lieben Gast,
Und bat sie also mit freundlichem Thun:
»O schone deiner Jugend nun!
Du bist so schön und weise!
So will ich dir zum Preise
Ein Bildnis hehr errichten
Und alles Volk verpflichten,
Dich als
Göttin anzubeten.
Du sollst an die Stelle der Kaiserin treten
Und meine Liebste sein!«
Die Heilige aber sagte: »Nein,
Jesus ist mein Bräutigam!«
Da ließ der Kaiser ohne Scham
Der Maid abreißen das Gewand,
Sie binden und schlagen allzuhand
Mit Besen und mit Riemen,
Daß ihr die blutigen Striemen
Gingen über den zarten Leib.
Darauf ließ er das standhafte Weib
Zwölf Tage in den Kerker verschließen
Und ihr nichts geben zu genießen.
Doch eine weiße Taube kam
Und brachte Speise wundersam
Der Jungfrau. Und
Christus erschien,
Ihr Freund, auch Engel kamen hin
Und manche heiligen Jungfräulein,
Die vertrieben ihr die Pein.
Da war es, wo die Auserwählte
Sich dem Christkindelein vermählte
Mit einem goldnen Ringelein;
Maria schaute segnend drein.
Faustina, die Kaiserin, hörte davon
Und verhieß den Wächtern großen Lohn,
Wenn man sie heimlich zu ihr ließ.
Ein edler Graf, der
Porphyrius hieß,
Führte sie in den Kerker hinein.
Da sahen beide den himmlischen Schein.
Sie erschraken und fielen zur Erde.
Katharina mit milder Geberde
Hub sie auf und sprach also:
»Fürchtet euch nicht, seid mit mir froh;
Denn Gott hat euch selber zu Freunden erlesen,
Drum ließ er euch schauen sein himmlisches Wesen.«
Sie predigte und lehrte
Solang, bis sie bekehrte
Die beiden. Seht, ein Kränzelein
Nahm sie dann einem Engelein
Vom Haupt und setzte es aufs Haupt
Der Kaiserin. »Dir ist erlaubt,«
Sprach sie, »also geziert zu werden,
Denn du sollst selig von der Erden
Am dritten Tag zum Himmel kommen!«
Von dannen gingen nun die Frommen.
Porphyrius predigte sogleich
Die Lehre von dem Himmelreich
Seinen zweihundert Rittern,
Ohne vor dem Kaiser zu zittern,
Bis sie alle waren bekehrt.
Da der Kaiser hatte gehört,
Daß Katharina noch immer lebe,
Befahl er, daß man den Tod ihr gebe
Mit vier Rädern voll Nägel und Eisen,
Die sollten der Jungfrau Leib zerreißen.
Jedoch ein Donnerschlag zerschlug
Die Räder, und ein Sturmwind trug
Ihre Stücke hin und wieder;
Die warfen viele Heiden nieder.
Als dies Wunder die Kaiserin sah,
Trat sie gar kühn vor den Kaiser da
Und sprach zu ihm: »Du armer Mann,
Wie lange hast du übel gethan
An dieser Heiligen und an Gott!
Bekehre dich, sonst wirst du zum Spott!«
Und sie bekannte ihren Glauben.
Das schien dem Kaiser den Sinn zu rauben:
So ward er wütig. Er befahl,
Daß man die Brüste ihr zur Qual
Mit Spießen durchsteche der edlen Fraue
Und ihr darauf das Haupt abhaue.
Katharina tröstete sie
In diesen Nöten: »O Kaiserin, sieh,
Du selige Frau, dir wird gegeben
Heute für dein sterbliches Leben
Und für einen sterblichen Gemahl
Der Bräutigam, der im Himmelssaal
Ewig und unsterblich thront
Und ewig deine Treue lohnt.«
Die Kaiserin starb. Porphyrius
Begrub ihren Leib bei Nacht. Der Verdruß
Darüber ließ den Kaiser nicht ruhn,
Er suchte noch vielen übel zu thun,
Bis Porphyrius sprach voll Mut:
»Warum vergießest du unschuldig Blut?
Ich bins, der die Kaiserin hat begraben;
Ich will dafür die Strafe haben.
Ich bin, daß du es weißt, ein Christ!«
»Weh!« rief der Kaiser, »über die List
Der Christen, die meinen besten Mann
Begaukelt haben mit ihrem Wahn!«
Und zu den Zweihunderten wandte er sich:
»Sagt an, wer hat so listiglich
Euren Herren betrogen?«
Da sprachen die Ritter ungelogen:
»Wisse, Kaiser, das sagen wir dir,
Daß Porphyrius und wir
Zum rechten Wege sind getreten
Und wollen allein zu Christus beten.
Dies haben wir erkannt als wahr,
Und dabei bleiben wir immerdar!«
Da ließ der Kaiser alle, die glaubten
An Jesus Christus, sogleich enthaupten.
Zu Katharina sprach er dann:
»Sieh, welches Unheil ich gewann
Von deinen Schulden! Dennoch mag
Ich dein verschonen. Aber sag',
Daß du den Glauben wirfst dahin!
Dann wirst du meine Kaiserin!«
Die Heilige sprach in dieser Not:
»Mir ist nicht jämmerlich der Tod,
Und keinem Menschen, der dies Nest
Des Unflats und der Schmach verläßt
Und den Himmel dafür wählt.
So töte mich, wie dir's gefällt!«
Da befahl Maxentius
In seinem innigen Verdruß,
Die Jungfrau zum Richtplatz zu bringen.
Viel Leute sah man sie umringen
Mit herzlichem Erbarmen.
Sie fühlte Mitleid mit den Armen
Und sprach zu Gott noch das Gebet,
Er möge allzeit treu und stät
All die Menschen erhören,
Die sich zu ihm kehren
Und ihn in ihrem Namen bitten
Bei der Marter, die sie gelitten.
Da rief eine Stimme vom Himmel laut:
»So sei es! Komm, meine liebe Braut!«
Da fiel ihr Haupt. Statt Blutes rot
Entfloß ihr Milch. Bei ihrem Tod
Sah man, wie Engel kamen
Und ihren Leichnam nahmen;
Sie führten ihn mit Sang und Preisen
Wohl über zwanzig Tagereisen
Weit bis zum Berge
Sinai.
Noch liegt ihr edler Leib allhie.
Ein heilig Oel entfließt dem Grab,
Das allzeit Trost den Kranken gab.
Sie starb dreihundert und zehn Jahr,
Nachdem Maria Christus gebar,
Und zwar zur gleichen Tageszeit,
Da Christus litt das Todesleid.
Patronin christlicher Wissenschaft
Sei sie und mach' uns anteilhaft
Der Weisheit wie der Glaubenskraft!
Katharina, 25. Nov. 307. Passional II. S. 667.