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Das Kreuzesbanner heb' ich auf
Und singe von dem Siegeslauf
Des Zeichens, das die ganze Welt
Von Pol zu Pol zusammenhält,
Von Ost nach West, von Nord nach Süd,
Von Rosen blutigrot umglüht.
Der Heiland selber trägt es vor,
Ihm stürmet nach der Heiligen Chor;
Die Helden fallen, doch im Fall
Erstürmen sie des Himmels Wall.
Ein alter Heidendichter sang,
Wie Menschen einst vor Zeiten lang
Zu Bäumen wurden und zu Tieren.
Ich will den Sang mit solchen zieren,
Die nach des Erdenlaufs Beschwerden
Zu Engeln, Kindern Gottes werden.
Gar alte Zeiten weckt mein Sang,
Er ist voll Blut, voll Sturm und Drang.
Jedoch wer weiß, ob nicht gar bald
Sich wieder hebt des Feind's Gewalt,
Wie alte Weissagungen künden,
Und gleiche Kämpfe sich entzünden,
Da wir mit unserm Blut und Leben
Aufs neue müssen Zeugnis geben!
Für solche Zeiten geb' uns Kraft
Der Martyrer Genossenschaft,
Daß uns im Wettkampf ruhmesvoll
Der Siegerkranz auch werden soll.
O Gott, ob aller Freuden Krone,
Herr in der Gewalten Throne,
Der du dich überall machest kund,
Nur nicht in böser Herzen Grund,
Der du die ganze Welt umzirkest,
Und selbst in Ruhe alles wirkest!
Dein Haß ist von der Ungunst weit,
Dein Zorn ist nicht Ungütigkeit,
Frei ist dein Sinnen von Unfrieden,
Das Leiden ist von dir geschieden,
Du bist ein Auge aller Dinge hier und dort,
Du bist das Ohr für alles Wort,
Du bist's, der unsre Seele besitzet
Und unseren Willen erhitzet,
Unser Gemüt und unsere Sinne
Nach dir in sehnender Minne.
All unser Reichtum ist Armut
Ohne dich, du höchstes Gut.
Nach dir nur dürstet alles Wesen,
Du ladest, die du auserlesen,
Die Freunde hin zu deinem Mahl
Im ewiglichen Himmelssaal.
Mög' mir nun deine Gnade geben,
Der lieben Heiligen hehres Leben,
Unheilig selber, zu berichten,
Um mich und alle zu verpflichten,
Nicht nur im Namen, in der That
Zu folgen einzig weisem Rat.
Ihr Engel in himmlischen Reih'n,
Euch bitt' ich auch, gedenket mein
In göttlicher Innigkeit,
Daß mir Gott diese Arbeit
Für meine Sünden setze
Und mich dafür ergetze!
In dreimal dreien Chören steigt
Ihr aufwärts, wo ihr Gott euch neigt:
Als
Engel seid ihr den Menschen verbunden,
Erzengel bringen Himmelskunden,
Die
Tugenden wirken Wunderzeichen;
Den
Gewalten müssen die Teufel weichen,
Die
Fürsten gebieten den Erdenreichen,
Die
Herrschaften lenken ihresgleichen.
Die
Throne sind des Höchsten Hut,
Drauf seine Herrlichkeit beruht,
Der Weisheit voll sind
Cherubim,
Und voll der Minne
Seraphim.
Gott wird dort jeden Guten geben
Zum Chor, dem hier gedient sein Leben;
Zu seinesgleichen zieht er hin,
Um dort der Engel Königin
Und Gott in ewigen Chören
Zu preisen und zu ehren.
Vorgesang. Ein alter Heidendichter: Ovidius, der Dichter der Metamorphosen. Im übrigen vgl. »Das alte Passional«, herausgegeben von K. A. Hahn 1844 (neue Ausgabe 1857) S. 1 ff. und S. 333 ff. »Eine Vorrede von den Engelen«. Der zweite Teil dieses Passionals (II.) ist von Fr. Karl Köpke 1852 herausgegeben (Das Passional. Eine Legendensammlung des dreizehnten Jahrhunderts. Bibliothek der gesamten deutschen National-Litteratur. 32. Band. Quedlinburg u. Leipzig).