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Margareta

Margareta war genannt
Die Königstochter wohlbekannt,
Die Sankt Georg vom Drachen befreite.
Seit jenen Zeiten weihte
Sie sich ganz dem reinen Leben.
Drum hatte sie sich auch begeben
Aus dem Palast hinaus aufs Land,
Wo ihrer Amme Schafherde stand.
Fünfzehn Jahre war sie alt.
Da erweckte des Teufels Gewalt
Olybrius, einen mächtigen Herrn.
Der sah die Schöne, und allzugern
Wollte er sie zum Weib erküren.
Er ließ sie mit Gewalt entführen,
Und da sie nicht wollte der Minne pflegen,
Schlagen und in den Kerker legen.

Alldort erschien ihr in der Nacht,
Um sie zu schrecken, gar ungeschlacht
Der Teufel in grimmer Drachengestalt,
Sie zu verschlingen mit Höllengewalt.
Die reine Jungfrau aber merkte,
Welche Macht den Unhold stärkte.
Mit Kraft sie ihm begegnete,
Kreuzweise sie sich segnete
Mit der Hand in rechter Weise,
Davon sie zu löblichem Preise
Den Sieg behielt. Es sprang entzwei
Der Drache, und sie wurde frei.

Des Teufels Kunst ist mannigfalt.
Als ein Jüngling wohlgestalt
Kam er nun wieder, der manchen Mann
Aeffen will und äffen kann.
Sie aber schlug ihn hin zur Schmach,
Trat ihm auf sein Haupt und sprach:
»Gestehe mir, du Höllengeist,
Was dich uns befehden heißt?«

Er sprach: »Das ist der alte Neid
Gegen die Menschen, seit alter Zeit,
Weil ihr von Gott erkoren seid
An Stelle von jenen Engeln allen,
Die von Gott sind abgefallen.
Darum verlocken wir euch so
Und sind ob eueres Falles froh.
Dem König Salomo gelang
Es, uns zu fesseln, doch nicht lang.
Das Faß, darein er uns gebannt,
Ward bald zerbrochen durch die Hand
Neugieriger Menschen; und darum
Jagen wir in der Welt herum.«
So bekannte er mit Geschrei.
Da hob sie den Fuß und ließ ihn frei.

Das heldenhafte, reine Weib
Ward drauf an ihrem bloßen Leib
Mit Fackeln gebrannt, darauf gestoßen
In siedendes Wasser. Das mußte erbosen
Die ganze Natur: die Erde erbebte.

Durch dieses Wunderzeichen strebte
Noch mancher Mann zu seinem Heil
Und nahm an ihrer Marter teil.

Das Haupt ließ man ihr nun abschlagen.
Als sie schon sah das Richtschwert ragen,
Da sprach die Heilige das Gebet,
Daß Gott allen, die treu und stät
Ihrer Not wollen gedenken,
Seine Erhörung möge schenken;
Den Peinigern aber mög' er vergeben,
Und ihnen verbessern ihr sündiges Leben.
Drauf rief sie zu dem Henker laut:
»Nun schlag! Die Zeit ist gekommen.« Die Braut
Des Herrn fuhr also, lauter und klar,
Zum Himmel in der Jungfrauen Schar,
Wo sie wie eine Perle prangt.
Sie hat mit Recht diesen Namen erlangt.

Margareta, 13. Juli 305 oder 287. Passional II. S. 326.


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