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Der Lilienstein ist ein hoher, steiler Fels, der dem Königstein gerade gegenüber liegt. Von ferne gesehen, scheint es, als ob er ganz von der Elbe umflossen würde. Aus verschiedenen Anzeichen läßt sich erkennen, daß er früher bewohnt gewesen sein muß. Vor Zeiten kletterten einmal mehrere junge Leute aus Neugier am Fuße des Liliensteins umher, da sahen sie plötzlich vor sich einen Keller mit einer eingemauerten Tür, die aber offen stand. Aus Furcht wagten sie es nicht, hineinzugehen, merkten sich jedoch durch Zeichen den Ort so genau an, daß sie glaubten, ihn später ohne Mühe wiederfinden zu können. Als sie aber nach einiger Zeit zurückkehrten, konnten sie weder die Merkmale, die sie sich gemacht hatten, noch den Keller, noch überhaupt den ganzen Ort wiedererkennen. In dem Keller soll sich ein großer Schatz, eine große Braupfanne voll Dukaten, befinden. Einige junge Burschen, die den Ort entdeckt hatten und den Schatz zur Nachtzeit heben wollten, sind von gespenstischen Wächtern ergriffen und vom Lilienstein heruntergeworfen worden. Am nächsten Morgen hat man sie am Fuße des Felsens, allerdings unversehrt, wieder aufgefunden. Einst ist eine arme Frau aus Waltersdorf mit ihrem Kinde auf den Lilienstein gegangen, um Beeren zu pflücken. Da bemerkte sie plötzlich am Berge eine offene Tür und sieht in dem dahinter liegenden Gewölbe ein großes Faß voll Gold. Sie setzt also das Kind auf einen dabei stehenden goldenen Tisch, rafft eilig so viel von dem Haufen, wie sie in ihrer Schürze fortbringen kann, und eilt damit, ihr Kind zurücklassend, nach dem draußen stehenden Korbe. Als sie aber umkehrt, findet sie die Tür nicht mehr und muß also auch ihr Kind als verloren ansehen. Nach Verlauf eines Jahres geht sie aber an demselben Tage und zu derselben Stunde an den nämlichen Ort, findet auch die Türe wieder und erhält ihr Kind unversehrt zurück, das auf dem Tische mit goldenen Äpfeln und Birnen spielt, gleichsam, als wäre seitdem nur ein Augenblick verflossen.