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Geschichte des Heilsarmeemädchens in Berlin (15)

Oh neues Jahr, Herbstjahr in Hungergassen,
oh milde Sterne, die den Herbst erwärmten,
oh Angst des Langen Tags! oh Angst der leeren Ernten,
oh Angst des Abschieds, da sie nun gelassen
sich Abschied gaben, und in den sehr verhärmten
Augen nichts war als tränenloses Noch-Erfassen:
sie haben voneinander abgelassen,
und in der Stadt, in der die Autos lärmten,
verlor sich Weg um Weg, verlor sich Spur um Spur,
verlor sich Herz um Herz, ward Angst der Kreatur, die
Sonne glänzte nicht, und Mond war weißer Stein,
und doch war's niemals Furcht, denn in dem Silberschein
der Greise, die der Seele Schicksal lenken,
wird Angst der Seele seligstes Verschenken!
Denn war's nicht Angst gewesen, die sie hingezogen,
wie müde Blätter zueinander wehen?
und ihrer Liebe Angst, war's nicht ein kleines Lehen
der Himmelsangst, in deren Purpurbogen
die Silberchöre seiner Blicke wehen?
Die scheue Taube kommt herabgeflogen,
schwebt überschwebend über dunklen Sintflutwogen
und trägt das Bündnis über allen Seen:
Gott thront in Angst, thront in verlaßner Stille, in ihm wird
Liebe Angst und Angst wird Liebeswille,
wird Bündnis zwischen Zeit und erdgebundnen Zeiten,
zum Bund der Einsamkeit mit allen Einsamkeiten es
tat in Liebe Gott die große Angst versenken,
in Deiner Angst, oh Gott, da ward Dein Sein zum Denken.

 


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