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26

Huguenau sprach nun täglich in der Fischerstraße bei Herrn Esch vor. Oftmals geübtem geschäftlichem Brauche folgend, berührte er die Angelegenheit, um derentwillen er kam, mit keiner Silbe, wartete, daß der Partner anfinge, redete vom Wetter, redete von der Ernte, redete von den Siegen. Als er merkte, daß Esch von den Siegen nichts hören wollte, ließ er die Siege weg und beschränkte sich aufs Wetter.

Im Hofe traf er manchmal Marguerite. Das Kind war zutraulich, hängte sich an seinen Finger und wollte wieder mit in die Druckerei.

Huguenau meinte: »Aha, du glaubst, daß das wieder zwanzig Pfennig einträgt, aber der Onkel Huguenau ist noch nicht reich genug, alles braucht seine Zeit.«

Trotzdem steckte er ihr zehn Pfennig für die Sparbüchse zu.

»Na, was werden wir machen, wenn wir beide reich sein werden …?« Das Kind antwortete nicht, schaute zu Boden. Endlich sagte es zögernd: »Weggehen.«

Huguenau war dies aus irgendeinem Grund angenehm: »Also dazu brauchst du das Geld … nun, wenn wir reich sind, können wir ja miteinander wegreisen … ich nehme dich mit.«

»Ja«, sagte Marguerite.

Stieg er zu Esch hinauf, so kam sie meistens nachgekrochen, setzte sich auf den Boden und hörte zu. Oder sie lachte wenigstens zur Türe herein.

Huguenau sagte dann, schon weil es ein Gesprächsthema war: »Ich mag Kinder gut leiden.«

Esch schien das zu gefallen; er schmunzelte: »Ein Racker ist das, … die wäre imstande, einen umzubringen.«

Haïssez les Prussiens, mußte Huguenau denken, obwohl Esch kein Preuße war, sondern ein Luxemburger. Esch fuhr fort: »Ich denke oft daran, den kleinen Racker zu adoptieren … wir sind nämlich kinderlos.«

Huguenau wunderte sich: »Ein fremdes Kind …«

Esch sagte: »Fremdes oder eigenes … das ist ja gleich … man hält's sonst nicht aus.«

Huguenau lachte: »Nun ja, bei den eigenen weiß man's auch nie.«

Esch sagte: »Der Vater ist interniert … ich habe meiner Frau gesagt, daß man sie adoptieren könnte … sie ist ja fast wie ein Waisenkind.«

Huguenau meinte: »Hm, Sie müßten dann aber für sie sorgen.«

»Natürlich«, sagte Esch.

»Wenn Sie etwas Kapital disponibel haben oder freibekommen, beispielsweise durch einen Verkauf, dann könnten Sie eine Lebensversicherung für Ihre Familie eingehen, … ich stehe mit verschiedenen Gesellschaften in Konnexion.«

»So«, sagte Esch.

»Ich bin gottlob noch Junggeselle, in so schweren Zeiten ein unschätzbarer Vorteil … wenn ich aber einmal einen Hausstand gründe, würde ich meine Familie mit Kapital oder sonstwie sicherstellen … na, Sie sind ja in der beneidenswerten Lage, dies tun zu können …«

Huguenau entfernte sich.

Im Hofe erwartete ihn Marguerite.

»Möchtest du immer hier bleiben?«

»Wo hier?« fragte das Kind.

»Na hier, beim Onkel Esch.«

Das Kind sah ihn feindselig an.

Huguenau zwinkerte mit den Augen und schüttelte sich: »Nicht wahr, nein?«

Marguerite lachte auch.

»Also, du willst nicht …«

»Nein, ich mag nicht.«

»Du magst ihn überhaupt nicht … er ist wohl sehr streng mit dir, he?« und Huguenau machte die Bewegung des Hauens.

Marguerite zog einen verachtungsvollen Mund: »Nein …«

»Und sie … die Tante Esch …?«

Das Kind zuckte die Achsel.

Huguenau war befriedigt: »Also, du bleibst nicht da … wir werden alle beide wegreisen, nach Belgien … komm, jetzt gehen wir zu Herrn Lindner in die Druckerei.«

Einträchtig gingen sie zur Druckmaschine und sahen Herrn Lindner zu, wie er Papier vorlegte.

 


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