Anonym
Der Heliand
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Vom Senfkorn und Netze

      So vernahm ich, daß da selber   der Sohn des Herrn,
Der Geborenen bester,   in Bildern lehrte,
Was da wäre   in dieser Welt Reichen
Vergleichbar dem Himmelreich   hier bei den Menschen.
Ein winzig Ding wachse   so gewaltig oft,
Erhebe so hoch sich   wie das Reich der Himmel;
»Und doch ist das höher,   als hier ein Mensch wohl
Wähnt in dieser Welt.   So gleicht ihm das Werk auch,
Wenn ein Mann in die See   ein Senknetz wirft
Zum Fischen in die Flut,   und beiderlei Fische fängt,
Üble und gute,   und auf zum Gestade zieht,
Zum Lande sie leitet;   da liest er sie aus,
Die guten birgt er,   läßt die schlechten zu Grunde fahren,
In die weite Woge.   So tut der waltende Gott
An jenem merklichen Tage   den Menschenkindern:
Er bringt das Erdenvolk   alle zusammen,
Liest die reinen aus   für das Reich des Himmels,
Laßt die Gottvergeßnen   fahren in den Grund
Des ewigen Feuers.   Nicht einer hienieden
Weiß ein Weh dem ähnlich,   wie die Weltkinder trifft
Im Abgrunde,   die Erdenvölker;
Noch wird je der Vergeltung   ein Gleichnis gefunden,
Des Wohls und der Wonne,   die der Waltende beschert.
Denn Gott vergönnt   den Guten allen,
Die sich heilig halten,   daß sie ins Himmelreich einst,
In das langwährende Licht   gelangen mögen.«

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