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Donnerstag, den 18. Oktober 1827
Hegel ist hier, den Goethe persönlich sehr hochschätzt, wenn auch einige seiner Philosophie entsprossene Früchte ihm nicht sonderlich munden wollen. Goethe gab ihm zu Ehren diesen Abend einen Tee, wobei auch Zelter gegenwärtig, der aber noch diese Nacht wieder abzureisen im Sinne hatte.
Man sprach sehr viel über Hamann, wobei besonders Hegel das Wort führte und über jenen außerordentlichen Geist so gründliche Ansichten entwickelte, wie sie nur aus dem ernstesten und Gewissenhaftesten Studium des Gegenstandes hervorgehen konnten.
Sodann wendete sich das Gespräch auf das Wesen der Dialektik. »Es ist im Grunde nichts weiter«, sagte Hegel, »als der geregelte, methodisch ausgebildete Widerspruchsgeist, der jedem Menschen inwohnt, und welche Gabe sich groß erweiset in Unterscheidung des Wahren vom Falschen.«
»Wenn nur«, fiel Goethe ein, »solche geistigen Künste und Gewandtheiten nicht häufig gemißbraucht und dazu verwendet würden, um das Falsche wahr und das Wahre falsch zu machen!«
»Dergleichen geschieht wohl«, erwiderte Hegel, »aber nur von Leuten, die geistig krank sind.«
»Da lobe ich mir«, sagte Goethe, »das Studium der Natur, das eine solche Krankheit nicht aufkommen läßt! Denn hier haben wir es mit dem unendlich und ewig Wahren zu tun, das jeden, der nicht durchaus rein und ehrlich bei Beobachtung und Behandlung seines Gegenstandes verfährt, sogleich als unzulänglich verwirft. Auch bin ich gewiß, daß mancher dialektisch Kranke im Studium der Natur eine wohltätige Heilung finden könnte.«
Wir waren noch im besten Gespräch und in der heitersten Unterhaltung, als Zelter aufstand und, ohne ein Wort zu sagen, hinausging. Wir wußten, es tat ihm leid, von Goethen Abschied zu nehmen, und daß er diesen zarten Ausweg wähle, um über einen schmerzlichen Moment hinwegzukommen.