Johann Peter Eckermann
Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens
Johann Peter Eckermann

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Mailand, den 30. Mai 1830, am ersten Pfingsttage

Ich will noch einiges notieren, was mir bis jetzt in Italien zu bemerken Freude machte oder sonst ein Interesse erweckte.

Oben auf dem Simplon, in der Einöde von Schnee und Nebel, in der Nähe einer Refuge, kam ein Knabe mit seinem Schwesterchen den Berg herauf an unsern Wagen. Beide hatten kleine Körbe auf dem Rücken, mit Holz, das sie in dem untern Gebirge, wo noch einige Vegetation ist, geholt hatten. Der Knabe reichte uns einige Bergkristalle und sonstiges Gestein, wofür wir ihm einige kleine Münze gaben. Nun hat sich mir als unvergeßlich eingeprägt, mit welcher Wonne er verstohlen auf sein Geld blickte, indem er an unserm Wagen herging. Diesen himmlischen Ausdruck von Glückseligkeit habe ich nie vorher gesehen. Ich hatte zu bedenken, daß Gott alle Quellen und alle Fähigkeiten des Glücks in das menschliche Gemüt gelegt hat, und daß es zum Glück völlig gleich ist, wo und wie einer wohnt.

 

Ich wollte in meinen Mitteilungen fortfahren, allein ich ward unterbrochen und kam während meines ferneren Aufenthaltes in Italien, wo freilich kein Tag ohne bedeutende Eindrücke und Beobachtungen verging, nicht wieder zum Schreiben. Erst nachdem ich mich von Goethe dem Sohne getrennt und die Alpen im Rücken hatte, richtete ich folgendes wieder an Goethe.


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