Johann Peter Eckermann
Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens
Johann Peter Eckermann

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Frankfurt, Sonnabend, den 24. April 1830

Ich machte gegen eilf Uhr einen Spaziergang um die Stadt und durch die Gärten, nach dem Taunusgebirge zu, und freute mich an dieser herrlichen Natur und Vegetation. Vorgestern, in Weimar, waren die Bäume noch in Knospen; hier aber fand ich die neuen Triebe der Kastanien schon einen Fuß lang, die der Linden eine Viertelelle; das Laub der Birken war schon dunkelgrün, die Eichen waren alle ausgeschlagen. Das Gras sah ich einen Fuß hoch, so daß am Tor mir Mädchen begegneten, die schwere Graskörbe hereintrugen.

Ich ging durch die Gärten, um eine freie Aussicht des Taunusgebirges zu gewinnen; es war ein muntrer Wind, die Wolken zogen aus Südwest und warfen ihre Schatten auf das Gebirge, sowie sie nach Nordost vorbeizogen. Zwischen den Gärten sah ich einige Störche niedergehen und sich wieder aufheben, welches in dem Sonnenschein, zwischen den ziehenden weißen Wolken und dem blauen Himmel, ein schöner Anblick war und den Charakter der Gegend vollendete. Als ich zurückging, kamen mir vor dem Tore die schönsten Kühe entgegen, braun, weiß, gefleckt und von glänzender Haut.

Die hiesige Luft ist anmutig und wohltätig, das Wasser von süßlichem Geschmack. Beefsteaks habe ich seit Hamburg nicht so gute gegessen als hier; auch freue ich mich über das treffliche Weißbrot.

Es ist Messe, und das Getreibe und Geleier und Gedudel auf der Straße geht vom Morgen bis spät in die Nacht. Ein Savoyardenknabe war mir merkwürdig, der eine Leier drehte und hinter sich einen Hund zog, auf welchem ein Affe ritt. Er pfiff und sang zu uns herauf und reizte uns lange, ihm etwas zu geben. Wir warfen ihm hinunter, mehr als er erwarten konnte, und ich dachte, er würde einen Blick des Dankes heraufsenden. Er tat aber nicht dergleichen, sondern steckte sein Geld ein und blickte sogleich nach anderen, die ihm geben sollten.


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