- Schon freute sich der sel’ge Geist alleine
An seinem Wort. und ich, mit Süßigkeit
Das Bittre mäßigend, genoß das meine.
- Und jene Frau, zum Höchsten mein Geleit,
Sprach: "Wechsle die Gedanken – denk’, ich wohne
Dem nah, der mildert unverdientes Leid."
- Ich, hingewandt zum süßen Liebestone,
Konnt’ in den heil’gen Augen Liebe schau’n,
Die ich nicht sing’ in dieser niedern Zone.
- Denn nicht der Sprache nur muß ich mißtrau’n;
Selbst das Gedächtnis kehrt nicht, ungetragen
Vom Flug der Gnade, zu den sel’gen Au’n.
- Ich kann von jenem Augenblick nur sagen:
Ich fühlte jeden Wunsch der Brust entflieh’n,
Als ich den Blick zur Herrin aufgeschlagen,
- Bis, die nun selbst aus ihrem Auge schien,
Die ew’ge Luft, vom schönen Angesichte
Im zweiten Anblick G’nüge mir verlieh’n,
- Besiegend mich mit eines Lächelns Lichte.
"Nicht mir im Aug’ allein ist Paradies."
Sie sprach’s. "Horch auf! Dorthin die Augen richte!"
- Wie Lieb’ auf Erden wohl sich mir erwies,
Die lächelnd glänzt’ auf eines Freundes Zügen,
Der seine Seele ganz ihr überließ,
- So zeigt’ in Glanz und wonnigem Vergnügen
Des Urahns Geist die liebende Begier,
Mir noch durch ein’ge Reden zu genügen:
- "In dieses Baumes fünfter Stufe hier,
Der von dem Gipfel Nahrung zieht und Leben,
Stets reich an Frucht und frischer Blätter Zier,
- Sind Sel’ge, die, eh’ sie emporzuschweben
Der Himmel rief, in eurem Erdental
Durch Ruhm der Muse reichen Stoff gegeben.
- Sieh auf die Arme hin am Kreuzesmal,
Und zeigen wird sich jeder, den ich nannte,
Wie in der Wolk’ ihr schneller Feuerstrahl.
- Und sieh, ein Licht, gleich schnellem Blitz, entbrannte,
Beim Namen Josua – so daß ich Wort
Und Tat in einem Augenblick erkannte.
- Den Makkabäus nannt’ er dann, und dort
War kreisend Feuer glänzend vorgedrungen,
Und Freude trieb den heil’gen KreiseI fort.
- Als Karl der Groß’ und Roland dann erklungen,
Folgt’ ich so aufmerksam dem Glanz, als man
Dem Falken folgt, der sich emporgeschwungen.
- Wilhelm zog meinen Blick zum Kreuz hinan,
Und Rinoard, bei ihres Namens Klange.
Auch Herzog Gottfried, Robert Guiscard dann.
- Drauf mischte sich dem schimmernden Gedrange
Die Seele, die erst sprach, als Meisterin
Sich zeigend in dem himmlischen Gesange.
- Ich kehrte mich zur rechten Seite hin,
Um in Beatrix; meine Pflicht zu lesen,
In Wink und Wort der heil’gen Führerin,
- Und sah so rein ihr Aug’, ihr ganzes Wesen
So hold, daß, was ich hab an Himmelsluft,
Sie übertraf, ja, was sie je gewesen.
- Und, wie des guten Wirkens sich bewußt,
In größrer Wonne man von Tag zu Tagen
Der Tugend Wachstum merkt in eigner Brust;
- So merkt’ ich jetzt, vom Himmel fortgetragen
In seinem Schwung, gewachsen sei der Kreis,
Sobald ich sah dies schönre Wunder tagen.
- Und wie das Rot der Scham, die glühend heiß
Gefärbet hat der zarten Jungfrau Wangen,
Bald wieder schwindet vor dem lautern Weiß;
- So, nach dem roten Licht, das mich umfangen,
Sah ich mich in den Silberglanz entrückt
Des sechsten Sterns, der mich in sich empfangen.
- Und in dem Stern des Zeus, den Freude schmückt,
War frohes Liebesfunkeln zu gewahren,
Durch unsrer Sprache Zeichen ausgedrückt.
- Wie Vögel, die empor vom Strande fahren,
Gemeinsam neuer Weide froh, sich bald
In runden, bald in langen Haufen scharen;
- So flatterten, von Himmelslicht umwallt,
In Sängen Sel’ge hin, im Fluge zeigend
Des D und dann des I und L Gestalt,
- Im Sang, erst bald gesenkt, bald wieder steigend,
Und war die Ordnung diesen Zeichen gleich,
Einhaltend in des Fluges Schwung und schweigend.
- Kalliope, die du die Geister reich
An Ruhme machst, sie ewig zu erhalten,
Die du erhältst mit ihnen Stadt und Reich,
- Erleuchte mich, damit ich die Gestalten
Getreu beschreibe, jetzt mit deinem Strahl;
Laß deine Kraft in kurzen Reimen walten! –
- Vokal’ und Konsonanten – siebenmal
Fünf waren’s, die mein Auge dort ergötzten,
Auch merkt’ ich wohl die Ordnung dieser Zahl.
- Diligite iustitiam – So setzten
Erst Haupt’ und Zeitwort sich; dann sieh sofort:
Qui iudicatis terram – als die letzten.
- Und alles blieb beim M im fünften Wort
Geordnet stehn, hiermit das Werk vollbringend.
So stand die Schrift wie Gold in Silber dort.
- Ich sah viel andres Licht, sich niederschwingend
Zum Haupt des M, dort still und unbewegt,
Vom Gut, so schien es, das sie anzieht, singend.
- Dann, wie wenn man mit Feuerbränden schlägt,
Draus unzählbare Funken sprühend flammen,
Woraus die Torheit wahrzusagen pflegt;
- So hoben dort sich mehr als tausend Flammen,
Und die stieg mehr, und minder die empor,
Wie sie die Sonne trieb, aus der sie stammen.
- Als jed’ an ihrer Stelle war, verlor
Sich das Gewühl – da trat in Flammenzügen
Der Kopf und Hals von einem Adler vor.
- Der dorten malt, weiß selbst sich zu genügen;
Er, ungeleitet, lenkt des Künstlers Hand,
Damit der Form sich die Gebilde fügen.
- Die sel’ge Schar, die dort zufrieden stand,
Das M bekrönend mit dem Lilienkranze,
Vollendete das Bild jetzt, leicht gewandt.
- So sah ich, schöner Stern, der Himmel pflanze
In uns die Keime der Gerechtigkeit,
Der Himmel, den du schmückst mit deinem Glanze.
- Zum Geist, der Kraft dir und Bewegung leiht,
Fleh’ ich, nach jenem Rauche hinzuschauen,
Der deinen Strahl verdunkelt und entweiht.
- Sein Zorn mach’ einmal noch dem Volke Grauen,
Das in dem Tempel schachert und verkehrt,
Den er aus Wundern ließ und Martern bauen.
- Himmelskriegerschar, dort hellverklärt,
Bitte für die, so noch der Leib umschlossen,
Die schlechtes Beispiel falsche Wege lehrt.
- Einst kriegte man mit Schwertern und Geschossen,
Doch jetzt, das Brot wegnehmend dort und hie,
Das unser frommer Vater nie verschlossen.
- Du, der du schreibst, um auszustreichen, sie:
Für jenen Weinberg, welchen du verdorben,
Starb Paul und Petrus, doch noch leben sie.
- Du aber denkst: Hab’ ich nur den erworben,
Der in die Einsamkeit der Wüst’ entrann,
Und der zum Lohn für einen Tanz gestorben,
- Was kümmern Paulus mich und Petrus dann?
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