- Die Welt glaubt’ einst, unsel’gen Irrtum hegend,
Daß Cypris toller Liebe Glut entflammt,
Im dritten Epizyklus sich bewegend.
- Drob nicht zu ihr allein mit Opferamt
Und Weiherufen sich anbetend kehrte
Das alte Volk, im alten Wahn verdammt;
- Nein, auch Dionen und Cupiden ehrte,
Als ihre Mutter sie, ihn als das Kind,
Dem Dido ihren Schoß zum Sitz gewährte.
- So ward nach ihr, von der mein Sang beginnt,
Der Stern benannt, der, bald der Sonn’ im Rücken,
Bald ihr im Angesicht liebäugelnd minnt.
- Nicht fühlt’ ich mich in diesen Stern entrücken,
Doch daß ich wirklich drinnen sei, entschied
Der Herrin höh’res, schöneres Entzücken.
- Und wie man Funken in der Flamme sieht,
Und wie wir Stimmen in der Stimm’ erkennen,
Die aushält, wenn die andre kommt und flieht;
- So sah ich Lichter hier im Lichte brennen,
Und, nach dem Maß des innern Schau’ns erregt,
So schien’s, im Kreis mehr oder minder rennen.
- Kein Wind, unsichtbar oder sichtbar, pflegt
So schnell aus kalter Wolk’ herabzugleiten,
Daß er nicht langsam schien’ und schwer bewegt
- Dem, der die Lichter uns entgegenschreiten
Im Flug gesehn, aus jenem Kreis hervor,
Den hohe Seraphim bewegend leiten.
- Und hinter diesen ersten klang’s im Chor:
Hosianna! Und seit ich den Ton vernommen,
Sehnt stets nach ihm sich brünstig Herz und Ohr.
- Und einen sah ich dann uns näher kommen,
Und er begann allein mit frohem Klang:
"Willfährig sind wir alle, dir zu frommen.
- Wir wandeln hin, ein Kreis, ein Schwung, ein Drang,
Uns nie vom Pfad der Himmelsfürsten trennend,
Zu welchem du gejagt in deinem Sang:
- Die ihr den dritten Himmel lenkt, erkennend;
Für dich wird uns nicht schwer ein Stillestand,
Für dich in so inbrünst’ger Liebe brennend."
- Als ich zu ihr voll Ehrfurcht mich gewandt,
Und so der Herrin Blick sich ausgesprochen,
Daß ich mich sicher und befriedigt fand,
- Schaut’ ich zum Licht, das mir in sich versprochen
So vieles hatt’, und sprach: "Wer bist du, sprich!"
Den Ton vor großer Inbrunst fast gebrochen.
- O wie vermehrte, wie verschönte sich
Der frohe Glanz in Mienen und Gebärden
Bei meinem Wort! – Dann sprach er freudiglich:
- "Nur kurze Zeit verweilt’ ich auf der Erden,
Verweilt’ ich mehr, dann wären viele nicht
Der Übel, die dich noch betreffen werden.
- Nur meine Freude birgt dir mein Gesicht,
Nur sie verhüllt mich rings im Strahlenrunde,
So wie den Seidenwurm die Seid’ umflicht.
- Du liebtest mich, und wohl aus gutem Grunde;
Denn lebt’ ich noch, gewiß dir keimten jetzt
Nicht Blätter nur aus unserm Liebesbunde.
- Der linke Strand, den Rhodanus benetzt,
Nachdem er mit der Sargue sich verbündet,
Sah einst im Geist durch mich den Thron besetzt;
- So auch Ausoniens Horn, wo, festbegründet,
Bari, Gaëta und Crotona droh’n,
Von wo im Meere Verd’ und Tronto mündet.
- Auch schmückte mich des Landes Krone schon,
Das längs durchstreift der Donau Wogenfülle,
Nachdem sie aus Germaniens Gau’n entflob’n.
- Trinacria – bedeckt von schwarzer Hülle
Zwischen Pachino und Pelor, am Schlund
Des Meers, das schäumt bei Eurus’ Wutgebrülle,
- Durch Typhöus nicht, nein, durch den Schwefelgrund
Der Fürsten harrt’ es noch, der edeln Sprossen
Rudolfs und Karls aus meinem Ehebund,
- Wenn schlechte Herrschaft, welche stets verdrossen
Der Unterworfne trägt, zum Mordgeschrei
Nicht in Palermo jeden Mund erschIossen.
- Ging’ Ahnung dessen meinem Bruder bei,
So würd’ er Kataloniens Bettler jagen,
Damit ihr Geiz kein Sporn zum Aufruhr sei.
- Nottut’s fürwahr, daß ihm die Freund es sagen,
Wenn er’s nicht sieht: daß volle Ladung schon
Sein Nachen hat, und nichts kann weiter tragen.
- Er, des freigeb’gen Vaters karger Sohn,
Braucht Diener, die nicht Gold nur zu gewinnen
Begierig sind, nicht bloß erpicht auf Lohn." –
- "Herr, weil ich glaube, daß die Lust hierinnen,
Die deine Rede strömt in meine Brust,
Du, wo die Güter enden und beginnen,’
- So deutlich schauest, wie sie mir bewußt,
Wird sie mir werter – daß du beim Betrachten
Des Herrn sie schauest, gibt mir neue Lust.
- Mach’ itzt, wie froh mich deine Worte machten,
Mich klar und schaffe noch dem Zweifel Ruh’:
Wie süße Saaten bittre Früchte brachten?"
- So ich – und er: "Die Wahrheit fasse du,
Und dem. was du gefragt, kehrst du zufrieden,
Wie jetzt den Rücken, dann das Antlitz zu.
- Das Gut, das ihren Lauf und ihren Frieden
Den Himmeln gab, hat jedem Stern den Schein
Und eine Kraft, als Vorsehung, beschieden.
- Nicht nur der Wesen vorbestimmtes Sein
Hat der durch sich vollkommne Geist erwogen,
Er schließt in sich auch ihre Wohlfahrt ein.
- Drum, was nur immer fliegt von diesem Bogen,
Kommt, gleich dem Pfeil, auf vorbestimmtem Gang
Gewiß herab zu seinem Ziel geflogen.
- War’ dieses nicht, dann würd’ im wirren Drang,
Was diese Himmel irgend wirkend schaffen,
Kein Kunstwerk sein, nein, Graus und Untergang.
- Dies kann nicht sein, wenn jene nicht erschlaffen,
Die Geister, lenkend diese Sternenschar,
Der Urgeist auch, der dann sie schlecht erschaffen.
- Ist diese Wahrheit nun dir völlig klar?"
Und ich: "Gewiß, ich seh’s, Natur bleibt immer
In dem, was nötig ist, unwandelbar;"
- Drum er: "Nun sprich, wär’s für den Menschen schlimmer,
Wenn er nicht Bürger ward und einsam blieb’?"
Ich: "Ja, und weitern Grund begehr’ ich nimmer!"
- "Und wär’ ein Staat, wenn in verschiednem Trieb
Die Menschen nicht verschieden sind erwiesen?
Nein, wenn die Wahrheit euer Meister schrieb!"
- So folgert’ ich bis jetzt, um hier zu schließen:
"Drum also muß der Menschen Tun hervor
Verschieden aus verschiedner Wurzel Sprießen.
- Und Solon sproßt’ und Xerres so empor,
Also Melchisedek, und der Erfinder,
Der bei dem luft’gen Flug den Sohn verlor.
- Natur, im Kreislauf, so die Menschenkinder
Wie Wachs ausprägt, übt ihre Kunst und sieht
Auf dies und jenes Haus nicht mehr noch minder.
- Dies ist’s, was Esaus Keim von Jakobs schied,
Drob auch Quirin entsproß so niedrer Lende,
Daß man als Vater ihm den Mars beschied.
- Und stets auf der Erzeuger Wegen fände
Man die, so sie erzeugten, nur, wenn nicht
Die Vorsehung des Höchsten überwände.
- Was hinter dir war, sieh jetzt im Gesicht;
Doch wie ich dein mich freue, geb’ ich Kunde
Und dir durch einen Zusatz beßres Licht.
- Ist die Natur nicht mit dem Glück im Bunde,
Dann kommt sie übel fort, wie jede Saat,
Die man gesät auf fremdem, falschem Grunde.
- Und folgte der Natur des Menschen Pfad,
Suchtet auf ihrem Grund ihr nach dem Rechten,
Dann gab’ es gute Leut’ und wackre Tat.
- Doch solche, die geboren sind, zu fechten,
Macht ihr zu Priestern wider die Natur
Und macht zu Fürsten die, so pred’gen möchten,
- Und deshalb schweift ihr von der rechten Spur.
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