- So ging’s von Brück’ auf Brück’, in manchem Wort,
Das ich zu sagen nicht für nötig halte;
Und oben, an des Bogens höchstem Ort,
- Verweilten wir ob einer neuen Spalte
Und hörten draus den eitlen Laut der Qual
Und sah’n, wie unten tiefes Dunkel walte.
- Gleich wie man in Venedigs Arsenal
Das Pech im Winter sieht aufsiedend wogen,
Womit das lecke Schiff, das manches Mal
- Bereits bei Sturmgetos das Meer durchzogen,
Kalfatert wird – da stopft nun der in Eil
Mit Werg die Löcher aus am Seitenbogen,
- Der klopft am Vorder-, der am Hinterteil
Der ist bemüht, die Segel auszuflicken,
Der bessert Ruder aus, der dreht ein Seil;
- So ist ein See von Pech dort zu erblicken,
Das kocht durch Gottes Kunst, und nicht durch Glut,
Des Dünste sich am Strand zum Leim verdicken.
- Ich sah den See, doch nichts in seiner Flut,
Die jetzt sich senkt’ und jetzt sich wieder blähte.
Als Blasen, ausgehaucht vom regen Sud.
- Indes ich scharfen Blicks hinunterspähte,
Zog mich, indem er rief: "Hab’ acht! Hab’ acht!"
Mein Meister zu sich hin von meiner Stätte.
- Da wandt’ ich mich, gleich einem, den mit Macht
Die Neugier zieht, das Schreckliche zu sehen,
Und der, da jähe Furcht ihn schaudern macht,
- Doch, um zu schau’n, nicht zögert, fortzugehen.
Und sieh, ein rabenschwarzer Teufel sprang
Uns hinterdrein auf jenen Felsenhöhen.
- Ach, wie sein Ansehn mich mit Graus durchdrang,
Wie wild er schien, wie froh in andrer Schaden!
Gespreizt die Schwingen, leicht und schnell den Gang,
- Kam er, die Schultern hoch gespitzt, beladen
Mit einem Sünder her, der oben ritt,
Und mit den Klauen packt’ er seine Waden.
- "Von Lucca bring’ ich einen Ratsherrn mit" –
Schrie er, "auf, taucht ihn unter, Grimmetatzen!
Und jene Stadt ist wohlversehn damit,
- Drum hoI’ ich gleich noch mehr von solchen Fratzen.
Gauner sind alle dort, nur nicht Bontur,
Und machen Ja aus Nein für blanke Batzen."
- Hinunterwarf er noch den Sünder nur,
Und rannte gleich zurück in solcher Eile,
Wie je der Hofhund nach dem Diebe fuhr.
- Der Sünder sank, doch hob sich sonder Weile,
Da schrien die Teufel unten: "Fort mit dir,
Hier dient kein Heil’genbild zu deinem Heile.
- Ganz anders als in Serchio schwimmt man hier.
Und sollen dich nicht unsre Haken packen.
So bleib im Peche nur, sonst fassen wir."
- Gleich stießen sie mit tausend scharfen Zacken
Und schrien: "Dein Tänzchen mache hier versteckt.
Such’ unten einem etwas abzuzwacken."
- Nicht anders macht’s ein Koch, wenn er entdeckt.
Das Fleisch im Kessel komm’ emporgeschwommen,
Und schnell es mit dem Haken untersteckt.
- Virgil sprach: "Geh, eh’ sie dich wahrgenommen.
Und ducke dich bei jener Felsenbank;
Durch diese wirst du ein’gen Schirm bekommen.
- Mir ist das Ding nicht fremd, drum bleibe frank
Von jeder Furcht, was man mir auch erzeige.
Denn früher war ich schon in solchem Zank."
- Dann ging er jenseits auf dem Felsensteige,
Und wie er hingelangt zum sechsten Strand,
Tat’s not ihm, daß er sichre Stirne zeige.
- Denn wie in Sturm und Wut hervorgerannt,
Die Haushund’ auf den armen Bettler fallen.
Wenn er am Haus, laut flehend, stillestand;
- So stürzten jen’ aus dunkeln Felsenhallen
Und streckten all auf ihn die Haken hin,
Er aber schrie: "Zurück jetzt mit euch allen.
- Mich anzuhaken habt ihr wohl im Sinn?
Doch tret erst einer vor, um mich zu sprechen,
Und dann bedenkt, ob ich zu packen bin."
- "Geh vor denn, Stachelschwanz." So schrien die Frechen,
Und einer kam, die andern blieben stehn –
Und fragte, wie er wag’, hier einzubrechen?
- "Wie", sprach mein Meister, "würdest du mich sehn.
Wie würd’ ich wagen, je hier einzudringen,
War’ ich auch sicher, euch zu wiederstehn,
- Wenn’s Gott und Schicksal also nicht verhingen?
Drum laß mich zieh’n, der Himmel will, ich soll
Als Führer einen durch die Hölle bringen."
- Der Haken fiel, da dieses Wort erscholl,
Ihm aus der Hand, so hatt’ ihn Furcht durchschauert.
"Gesellen," rief er aus, "laßt euren Groll!"
- "Du, der dort zwischen Felsenstücken kauert,"
Rief nun mein Meister, "eile zu mir her,
Da jetzt kein Feind mehr auf dem Wege lauert."
- Und vorwärts trat ich und kam schnell daher,
Doch sah ich vorwärts auch die Teufel fahren,
Als gelte nichts die Übereinkunft mehr;
- Und war voll Schrecken, wie Capronas Scharen,
Die, dem Vertrag zum Trotz, dem Tode nah.
Als sie die Festung übergeben, waren.
- Fest drängt’ ich mich an meinen Führer da
Und hielt den Blick gespannt auf ihre Mienen,
Aus denen ich nichts Gutes mir ersah.
- Und diese Rede hört’ ich zwischen ihnen:
"Den Haken ihm ins Kreuz? Was meinst du? Sprich!"
Der andre: "Ja, du magst ihn nur bedienen!"
- Doch jener Geist, der mit dem Meister sich
Besprochen, wandte schleunig sich zurücke
Und rief: "Still, Raufbold, ruhig halte dich."
- Und dann zu uns: "Auf diesem Felsenstücke
Kommt ihr nicht weiter, denn im tiefen Grund
Liegt längst zertrümmert schon die sechste Brücke.
- Und wollt ihr fort, geht oben, längs dem Schlund,
Dann seht ihr vorwärts einen Felsen ragen
Und kommt darauf bis zu dem nächsten Rund.
- Denn gestern, um euch alles anzusagen,
War’s just zwölfhundertsechsundsechzig Jahr,
Seit jenen Weg ein Erdenstoß zerschlagen.
- Dorthin entsend’ ich ein’ge meiner Schar,
Um Sündern, die sich lüften, nachzuspüren; ,
Mit ihnen geht und fürchtet nicht Gefahr.
- Auf, ihr Gesellen, jetzt, euch frisch zu rühren;
Eistreter, Senkflug, Bluthund, kommt heran,
Du, Sträubebart, sollst alle zehen führen.
- Auf, Drachenblut, Kratzkrall’ und Eberzahn,
Scharfhaker, und auch du, Grimmrot der Tolle,
Und Firlefanz, schickt euch zum Wandern an.
- Schaut, wer etwa im Pech auftauchen wolle,
Doch wißt, daß dieses Paar in Sicherheit
Bis zu der nächsten Brücke reisen solle."
- "Ach, guter Meister," rief ich, "welch Geleit?
Ich, meinerseits, ich will es gern entbehren,
Und bin mit dir allein zu gehn bereit.
- Sieh nur, wie sie vor Grimm im Innern gären,
Wie sie die Zähne fletschen und mit Droh’n
Nach uns die tiefgezognen Brauen kehren."
- Und er zu mir: "Nicht fürchte dich, mein Sohn,
Laß sie nur fletschen ganz nach Gutbedünken,
Sie tun dies nur zu der Verdammten Hohn"
- Sie schwenkten dann sich auf den Damm zur Linken,
Nachdem vorher die Zunge jeder wies,
Hervorgestreckt, dem Hauptmann zuzuwinken,
- Der mit dem hintern Mund zum Abmarsch blies.
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