- Der Ruhm des, der bewegt das große Ganze,
Durchdringt das All, und diesem Teil gewährt
Er minder, jenem mehr von seinem Glanze.
- Im Himmel, den sein hellstes Licht verklärt, -
War ich und sah, was wiederzuerzählen
Der nicht vermag, der von dort oben kehrt.
- Denn, nah’n dem Ziel des Sehnens unsre Seelen,
Das unsern Geist zur tiefsten Tiefe zieht,
Dann muß der Rückweg dem Gedächtnis fehlen.
- Doch alles, was im heiligen Gebiet
Nur einzusammeln war von sel’ger Schöne,
Der edle Schatz, sei Stoff jetzt meinem Lied.
- Apollo, Güt’ger, leih mir deine Töne
Zum letzten Werk – mach’ ein Gefäß aus mir,
Wert, daß es dein geliebter Lorbeer kröne.
- Mir g’nügt’ ein Gipfel des Parnaß bis hier,
Doch, soll der Rennbahn Ziel der Sieger grüßen,
So fleh’ ich jetzt um beid’ empor zu dir.
- Den Odem hauch’ in mich, den reinen, süßen,
Daß du hier stark, wie bei dem Wettkampf, seist,
Den Marsyas kämpft’, um frevlen Stolz zu büßen.
- O Götterkraft, wenn du dich jetzt mir leihst,
Den Nachschein von des sel’gen Reiches Glanze
Zu malen aus dem Bild in meinem Geist,
- Dann siehest du mich nah’n der teuren Pflanze
Und, durch den Stoff und dich des wert, geschmückt
Und reichgekrönt mein Haupt mit ihrem Kranze.
- Wenn man ihr Laub, o Vater, selten pflückt,
Um Cäsars und des Dichters Sieg zu ehren,
Weil Schuld und Schmach den Willen niederdrückt,
- Muß Freud’ es wohl dem freud’gen Gott gewähren,
Den Delphos preist, kehrt nun mit kühnem Mut
Nach Daphnes Laub ein Herz all sein Begehren.
- Und weckt ein kleiner Funk’ oft große Glut,
So fleht nach mir zu höherer Verkündung
Ein andrer wohl um deine Hilf und Hut. –
- Den Sterblichen entsteigt aus mancher Mündung
Das Licht der Welt; allein in einer sind
Vier Kreise mit drei Kreuzen in Verbindung,
- Wo’s bessern Lauf mit besserm Stern beginnt,
So daß der Erde Wachs in diesem Zeichen
Von ihm ein schöneres Gepräg gewinnt.
- In ihm hieß Sol den Tag bei uns erbleichen
Und dort entglüh’n; und auf dem Halbkreis hier
Die schwarze Nacht sich nah’n und dort entweichen.
- Und links gewandt erschien Beatrix mir,
Und wie kein Aar je fest und ungeblendet
Zur Sonne sah, so blickte sie zu ihr.
- Und wie der erste Strahl den zweiten sendet,
Der, ihm entflammt, hell auf- und rückwärts blitzt,
Dem Pilgrim gleich, der sich zur Heimat wendet,
- So macht’ ihr Blick, der durch die Augen itzt
Mein Innres traf, zur Sonn’ auch meinen steigen,
Mit größrer Kraft, als onst der Mensch besitzt.
- Viel darf man dort, was hier zu übersteigen
Die Kraft pflegt, die uns nimmer dort gebricht,
Am Ort, den Gott schuf als der Menschheit eigen.
- Nicht lang’ ertrug ich’s, doch so wenig nicht,
Um nicht zu sehn, daß, wie dem Feu’r entnommen,
Das Eisen sprüht, sie sprüht’ in Glut und Licht.
- Und plötzlich schien ein Tag zum Tag zu kommen,
Als sei durch den, der’s kann, am Himmelsrand
Noch eine zweite neue Sonn’ entglommen.
- Fest schauend nach den ew’gen Kreisen, stand
Beatrix dort, und ihr ins glanzerhellte
Gesicht sah ich, von oben abgewandt,
- Und fühlte, da mir Lust das Innre schwellte,
Was Glaukus fühlt’, als er das Kraut geschmeckt,
Das ihn im Meer den Göttern zugesellte.
- Verzückung fühlt’ ich. Was sie sei, entdeckt
Die Sprache nicht, mag’s drum dies Beispiel Iehren,
Wenn je in euch die Gnade sie erweckt.
- Ob ich nur Seele war? – Du magst’s erklären,
O Liebe, Himmelslenkerin, die mich
Mit ihrem Licht erhob zu jenen Sphären.
- Als nun der Kreis, der durch dich ewiglich
In Sehnsucht rollt, mein Aug’ an sich gezogen
Mit Harmonien, verteilt, gemischt durch dich,
- Durchflammte Sonnenglut des Himmels Bogen
So weit hin, wie von Strom und Regenflut
Kein See noch je erstreckt die breiten Wogen.
- Des Klanges Neuheit und die lichte Glut,
Sie machten, daß ich vor Begierde brannte,
Wie nimmer sie erweckt ein andres Gut;
- Drob sie, die mich, wie ich mich selbst, erkannte,
Mir zu befried’gen den erregten Geist,
Noch eh’ ich fragte, schon sich zu mir wandte
- Und sprach: "Ein Wahn ist Schuld, daß du nicht weißt,
Was du sogleich erkennen wirst und sehen,
Sobald du dich von seinem Trug befreist.
- Du glaubst noch auf der Erde fest zu stehen,
Doch flieht kein Blitz aus seinem Vaterland
So schnell, wie du jetzt eilst, hinaufzugehen."
- Kaum daß der erste Zweifel mir verschwand,
Durchs kurze Wort und ihres Lächelns Frieden,
Als wieder schon ein neuer mich umwand.
- Ich sprach: "Vom Staunen ruht’ ich schon zufrieden;
Doch steig’ ich jetzt durch leichte Stoff’ empor,
Drum ist dazu mir neuer Grund beschieden."
- Ein Seufzer weht’ aus ihrem Mund hervor,
Dann sah sie hin auf mich, wie auf den Knaben
Die Mutter blickt, die sagen will: Du Tor!
- "Die Dinge sämtlich", so begann sie, "haben
Unter sich Ordnung, und das All ist nur
Durch diese Form gottähnlich und erhaben.
- Die höhern Wesen sehn in ihr die Spur
Der Kraft, der ew’gen, die zum Ziel gegeben
Vom Schöpfer ward der Ordnung der Natur.
- Nach ihr nun sehn wir alle Wesen streben,
Ob hoch ihr Los, ob niedrig sei; ob mehr,
Ob minder nah sie ihrem Ursprung leben.
- Sie treiben durch des Seins unendlich Meer,
Geleitet vom Instinkt, den Gott als Steuer
Jedwedem gab, auf mancher Bahn daher.
- Er trägt zum Mond empor das rege Feuer,
Er ist’s, der rund den Bau der Erde drückt,
Er ist der Herzschläg’ Ordner und Erneurer.
- Nicht nur auf Wesen, die vernunftlos, zückt
Er, wie ein Bogen, seine sichern Pfeile,
Auf die auch, die Vernunft und Liebe schmückt.
- Die Vorsicht, die zum Ganzen eint die Teile,
Die durch ihr Licht des Himmels Ruh’ erhält,
In dem der Kreis sich dreht von größter Eile,
- Läßt zum bestimmten Platz in jener Welt
Uns jetzo durch die Kraft der Sehne bringen,
Die, was sie treibt, nach heiterm Ziele schnellt.
- Wahr ist’s, daß, wie oft Formen nicht gelingen,
Wie sie in sich des Künstlers Geist empfah’n,
Wenn spröde mit der Kunst die Stoffe ringen,-
- So das Geschöpf oft weicht von seiner Bahn,
Denn ihm ist von Natur die Kraft verliehen,
Trotz jener Kraft, sich anderm Ziel zu nah’n,
- Wenn erdenwärts es falsche Reize ziehen;
Wie aus der Wolke, wenn das Wetter grollt,
Zum Boden hin des Feuers Strahlen fliehen.
- Nun staunst du, war ich klar, wie ich gewollt,
So wenig drob, daß du emporgestiegen,
Als daß der Bach vom Berg zur Tiefe rollt.
- Bliebst du, von Hemmnis frei, am Boden liegen,
Erstaunenswerter wär’s, als sähest du
Träg an den Grund sich lebend Feuer schmiegen."
- Hier wandt’ ihr Antlitz sich dem Himmel zu.
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