- O ihr, die ihr, von Hörbegier verleitet,
Des Nachens Fahrt nach meinem Schiff gewandt,
Das mit Gesange durch die Fluten gleitet,
- Kehrt wieder heim zu dem verlaßnen Strand,
Schifft nicht ins Meer, denn, die mir folgen, wären
Vielleicht verirrt, wenn meine Spur verschwand.
- Ich steure hin zu nie befahrnen Meeren;
Minerva haucht, Apoll ist mein Geleit,
Neun Musen zeigen mir am Pol die Bären.
- Ihr andern wen’gen, die zur rechten Zeit
Ihr euch geneigt zum Engelsbrot, das Leben
Hienieden uns nie Sättigung verleiht,
- Ihr könnt euch kühn aufs hohe Meer begeben,
Wenn ihr daher auf meiner Furche fahrt,
Eh’ wieder gleich das Wasser wird und eben.
- Anstaunen sollt ihr, was ihr bald gewahrt,
Mehr als die Helden, die nach Kolchis zogen,
Anstaunten, daß zum Pflüger Jason ward.
- So schnell fast, als des Himmels Kreise, flogen
- Wir fort, zum Reich, dem Gott die Form verlieh,
Vom angebornen, ew’gen Durst gezogen.
- Beatrix blickt’ empor und ich auf sie,
Doch kaum so lang, als sich ein Pfeil zu schwingen
Vom Bogen pflegt und fliegt und ruht – da sieh
- Mich dort, wo mir der Blick von Wunderdingen
Gefesselt ward, schon angelangt mit ihr;
Und sie, gewohnt, mein Innres zu durchdringen,
- Sie wandte sich so froh, wie schön, zu mir:
"Auf, bring’ itzt Gott des Dankes Huldigungen!
Wir sind durch ihn im ersten Sterne hier."
- Mir schien’s, als hielt’ uns eine Wolk’ umschlungen,
Von Glanz durchstrahlt, dicht, ungetrennt und rein,
Wie Diamant, vom Sonnenstrahl durchdrungen.
- Die ew’ge Perle nahm uns also ein,
Gleichwie das Wasser, ohne sich zu trennen,
In sich aufnimmt des Strahles goldnen Schein.
- Wenn ich nun Leib war, und wir nicht erkennen,
Wie sich in einem Raum ein zweiter fand,
So, daß im Körper Körper tauchen können,
- Was sind wir drum nicht mehr vom Trieb entbrannt,
Das Ursein zu erschau’n, in dem wir schauen,
Wie unserer Natur sich Gott verband.
- Dort wird uns das, worauf wir gläubig bauen,
Nicht durch Beweis, nein, durch sich selber klar,
Der ersten Wahrheit gleich, auf die wir trauen.
- "Ihm, Herrin," sprach ich, "der mich wunderbar
Der Erd’ entrückt, ihm bring’ ich jetzt, entglommen
Von frommer Glut, des Dankes Opfer dar.
- Doch sprecht, woher die dunkeln Flecken kommen
Auf dieses Körpers Scheib’, aus welchen man
Zur Kainsfabel dort den Stoff entnommen."
- Sie lächelt’ erst ein wenig und begann:
"Irrt sich des Menschen Geist in solchen Dingen,
Die nicht der Sinne Schlüssel öffnen kann,
- So solltest du dein Staunen jetzt bezwingen,
Erkennend, daß, den Sinnen nach, nicht weit
Sich die Vernunft erhebt mit ihren Schwingen.
- Allein was meinst du selbst? Gib mir Bescheid!"
Und ich: "Von dünnern oder dichtern Stellen
Kommt, wie mir scheint, des Lichts Verschiedenheit."
- Drauf sie: "Du wirst bald selbst das Urteil fällen,
Daß falsch die Meinung sei, drum gib wohl acht,
Was ich für Gründ’ ihr werd’ entgegenstellen.
- Der achte Kreis zeigt vieler Sterne Pracht,
An Groß’ und Eigenschaften sehr verschieden,
Wie ihr verschiednes Ansehn kenntlich macht.
- War’ dies durch Dünn’ und Dichtigkeit entschieden,
So gäb’s in allen ja nur eine Kraft,
Dem mehr, dem minder, jenen gleich beschieden.
- Doch der verschiedne Bildungsgrund erschafft
Verschiedne Kräft’, und alle diese schwanden,
Nach deinem Satz, vor einer Eigenschaft.
- Dann, wenn die Flecken durch die Dünn’ entständen,
So denke, daß entweder hier und dort
Sich durch und durch stoffarme Stellen fänden;
- Oder , gleichwie im Leib an manchem Ort
Die Fettigkeit das Magre deckt, so gingen
Die Schichten durch den Mond abwechselnd fort.
- Das Erste würd’ ans Licht die Sonne bringen,
Wenn sie verfinstert ist – es ward’ ihr Schein
Dann wie durch andre dünne Stoffs dringen.
- Doch dies ist nicht, drum bleibt das Zweit’ allein,
Und wenn wir widerlegt auch dieses sehen,
Dann wird dein Satz als falsch erwiesen sein.
- Kann durch und durch der dünne Stoff nicht gehen,
So muß wohl eine Grenze sein, und hier
Der dichte Stoff den Strahlen widerstehen.
- Zurücke blitzt sodann der Strahl von ihr –
So wirft das Glas, auf seiner hintern Seite
Mit Blei belegt, zurück dein Bildnis dir –
- Nun sagst du wohl, daß, weil aus größrer Weite
Der Strahl sodann auf dich zurückeprallt,
Er deshalb auch geringres Licht verbreite.
- Doch diesen Einwurf widerlegt dir bald
Erfahrung, der, als seiner ersten Quelle,
Jedweder Strom der Wissenschaft entwallt.
- Drei Spiegel nimm und zwei von diesen stelle
Gleich weit von dir – dem dritten gib sodann
Entfernter zwischen beiden seine Stelle.
- Kehrst du dich ihnen zu, so stelle man
Drauf hinter dich ein Licht, das sich in allen
Zum Widerstrahl des Schimmers spiegeln kann.
- Ins Auge wird der fernre kleiner fallen,
Doch wird auf dich von ihnen allzumal
Ein gleich lebendig Licht zurückeprallen.
- Jetzt aber, wie beim warmen Sonnenstrahl
Des Schnees Massen in sich selbst zergehen,
Und Farb’ und Frost zerrinnt im lauen Tal,
- So soll’s dem Wahn in deinem Geist geschehen,
Und durch mein Wort sollst du lebend’ge Glut
Vor deinem Blick in regem Schimmer sehen.
- Im Himmel, wo der Frieden Gottes ruht,
Dreht sich ein Kreis, in dessen Kraft und Walten
Das Sein all des, was er enthält, beruht.
- Der nächste Himmel, reich an Lichtgestalten,
Verteilt dies Sein verschiednen Körpern drauf,
Von ihm gesondert, doch in ihm enthalten.
- Aus ändern Kreisen von verschiednem Lauf
Nimmt die verschiedne Kraft, in ihnen lebend,
Dann jeder Stern nach seinen Zwecken auf.
- So siehst du diese Weltorgane schwebend,
In sich im Kreis bewegt von Grad zu Grad,
Von oben nehmend und nach unten gebend.
- Betrachte wohl den Weg, den ich betrat,
Auf dem ich dir erwünschte Wahrheit weise,
Dann findest du wohl künftig selbst den Pfad.
- Kraft und Bewegung nehmen jene Kreise
Von Lenkern an, die ew’ges Heil beglückt,
Wie Stein sich formt nach seines Künstlers Weise.
- Den Himmel, den die Schar der Sterne schmückt,
Wird von dem Geist, durch den sie rollend Schweben,
Gepräg’ und Bildnis mächtig eingedrückt.
- Und wie die Seele, noch vom Staub umgeben,
Durch Glieder von verschiedner Art beweist,
Was in ihr für verschiedne Kräfte leben,
- So zeiget seine Huld der Weltengeist,
Der ewig einer ist, hier, vielgestaltet,
Im Sternenheer, das durch die Himmel kreist.
- Daher verschiedne Kraft verschieden waltet
Im edlen Körper, welchen sie durchdrang,
In dem sie, wie in euch das Leben, schaltet.
- Und da sie heiterer Natur entsprang,
Glänzt diese Kraft in jedes Sternes Lichte,
Gleichwie im Augenstern der Wonne Drang.
- Durch sie also, und nicht durchs Dünn’ und Dichte,
Erhält verschiednen Glanz der Sterne Schar;
Daß sie ein Denkmal ihrer Huld errichte,
- Schafft diese Bildnerin, was trüb und klar."
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