- Urkraft, der Liebe voll den Sohn beschauend,
Die ihr und ihm allewiglich entweht,
Die Unaussprechliche, das All erbauend,
- Schuf, was ihr nur mit Geist und Aug’ erseht
So ordnungsvoll, daß sie mit Wonneregung
Den ganz durchdringt, der ihre Werk’ erspäht.
- Erheb, o Leser, Blick und Überlegung
Miit mir zum Himmel jetzt, gerad’ dahin,
Wo sich durchkreuzt die doppelte Bewegung.
- Von dort an letz’ am Kunstwerk deinen Sinn,
Denn selbst der Meister sieht es mit Vergnügen
Und spiegelt liebend seinen Blick darin.
- Von dort verteilt sich zu verschiednen Zügen
Der schiefe Kreis, der die Planeten trägt,
Um denen, die sie rufen, zu genügen.
- Und war’ ihr Lauf von dort nicht schief bewegt,
So wäre viele Himmelskraft verschwendet,
Und nichts beinah auf Erden angeregt.
- Und war’ er mehr und minder abgewendet
Vom g’raden Weg, so blieb’ auf Erden dort,
Wie hier, die Weltenordnung unvollendet.
- Jetzt bleib, o Leser, still auf deinem Ort,
Um dem, was du gekostet, nachzudenken,
Und eh’ du matt wirst, reißt dich Wonne fort.
- Ich gab dir Wein – du magst dich selber tränken,
Denn alle meine Sorgen muß ich nur
Auf jenen Stoff, den ich beschreibe, lenken.
- Die Dienerin, die größte, der Natur,
Die sich die Himmelskraft zum Spiegel machte,
Die leuchtend zeigt der Zeiten Maß und Spur.
- Vereint dem Orte, dessen ich gedachte,
Sah man in schraubenförm’gem Kreis sich dreh’n,
In dem sie schneller hier die Tage brachte.
- Ich war in ihr – allein wie dies gescheh’n,
Das spürt’ ich nur, wie wir Gedanken spüren,
Bevor sie noch in unserm Geist entstehn.
- Beatrix, die so schnell uns weiß zu führen,
Vom Guten uns zum Bessern einzuweih’n,
Daß sich indessen nicht die Stunden rühren,
- Wie leuchtend mußte sie von selber sein!
Und was ich drinnen in der Sonne schaute,
Durch Farbe nicht, durch hellen Glanz allein,
- Ob ich auf Geist und Kunst und Übung baute,
Nie stellt’ es doch mein Wort euch deutlich vor,
Drum sehne sich, zu schau’n, wer mir vertraute.
- Nicht staunt, wenn Phantasie die Kraft verlor,
Daß sie zu solchen Höh’n sich schwach erweise;
Kein Blick fliegt über diesen Stern empor.
- So war ich nun im vierten Kinderkreise
Des Vaters, der, ihm zeigend, wie er weht,
Und wie er zeugt, ihn nährt mit ew’ger Speise.
- Beatrix sprach: "Dank, Dank sei dein Gebet.
Zur Engelsonne laß ihn sich erheben,
Die dich zu dieser sichtbaren erhöht."
- Kein Menschenherz war je mit allem Streben
Zur Andacht noch so freudig hingewandt,
Keins noch so ganz und innig Gott ergeben,
- Als ich bei diesem Worte meins empfand,
Das so zu ihm hin all sein Lieben wandte,
Daß in Vergessenheit Beatrix schwand.
- Sie zürnte nicht; ihr lächelnd Aug’ entbrannte
Drob so in Glanz, daß nun mein Geist, der nicht
An andres dacht’, itzt andres doch erkannte.
- Und sieh, viel siegendes lebend’ges Licht
Macht’ uns zum Mittelpunkt und sich zur Krone
Süßer im Sang, als leuchtend im Gesicht.
- So schmückt ein Kranz die Tochter der Latone,
Wenn dunstgeschwängert sie die Luft umzieht,
Die widerstrahlt den Streif der lichten Zone.
- Am Himmelshof, von dem ich wieder schied,
Gibt’s viele Schöne, köstliche Juwelen,
Nicht auszuführen aus des Reichs Gebiet.
- Dergleichen eins war der Gesang der Seelen;
Doch wer nicht selbst zu jenen Höh’n sich schwang.
Der lasse von den Stummen sich’s erzählen.
- Nachdem dreimal die Sonnen mit Gesang,
Gleich Nachbarsternen, die den Pol umkreisen,
Uns rings umtanzt in Glut und Wonnedrang,
- Da schienen sie wie Frau’n sich zu erweisen,
Die horchend stehn, noch nicht gelöst vom Tanz,
Bis sie gefaßt das Maß der neuen Weisen.
- "Wenn, wahre Lieb’ entzündend, dir der Glanz
Der Gnade lacht, der sich durch Liebe mehret,"
So sprach ein Licht aus jenem Strahlenkranz,
- "Wenn er in dir vervielfacht sich verkläret,
So, daß er dich empor die Stiege lenkt,
Die niemand absteigt, der nicht aufwärts kehret,
- So wird der, welcher deinen Durst nicht tränkt
Mit seinem Wein, so wenig Freiheit zeigen,
Als Wasser, das sich nicht zum Meere senkt.
- Erfahren möchtest du, von welchen Zweigen
Des Kranzes Blumen sind, der feiernd sich
Um sie schlingt, die dich stärkt, emporzusteigen.
- Von Dominiks geweihter Schar war ich,
Der solche Wege leitet seine Herden,
Wo wohl gedeiht, wer nicht dem Wahne wich.
- Man hieß mich Thomas von Aquin auf Erden,
Und meines Meisters, meines Bruders Schein,
Albrechts von Köln, sieh rechts hier heller werden
- Und willst du aller andern sicher sein,
So folge mit den Augen meinen Worten
Auf diese Blumen, die zum Kranz sich reih’n.
- Den Gratian sieh wonneflammend dorten;
Dem doppelten Gerichtshof dienend, fand
Er frohen Einlaß an des Himmels Pforten.
- Auch jenen Petrus sieh von Lust entbrannt;
Als Scherflein bot er, nach der Witwe Weise,
Der Kirche seinen Schatz mit treuer Hand.
- Der fünfte Glanz, der schönste hier im Kreise,
Haucht solche Liebe, daß die ganze Welt
Nach Kunde gierig ist von seinem Preise.
- So tiefes Wasser ist’s, das er enthält,
Daß, ist das Wahre wahr, ihm nie ein zweiter
Als Weiser sich und Seher gleichgestellt.
- Sieh neben ihm den leuchtenden Begleiter.
Niemand war je auf Erden noch im Amt
Und der Natur der Engel eingeweihter.
- Das kleinre Licht, das dorten lächelnd flammt,
Des Glaubens Anwalt ist’s, aus des Lateine
In Augustini Schriften manches stammt.
- Verfolgend nun mein Lob von Schein zu Scheine
Mit geist’gem Blick, erspähst du dürstend jetzt,
Wer in dem achten Lichte dir erscheine.
- Jedwedes Gut in sich zu schau’n, ergetzt
Die heil’ge Seele, die den Trug danieden
Dem offen kund tut, der sie hört und schätzt.
- Der Leib, von dem sie durch Gewalt geschieden
Liegt in Cield’or, und sie kam aus Gefahr
Und Bann und Märtyrtum zu diesem Frieden.
- Bedo und Isidor sieh hell und klar,
Sieh Richard dann die Liebesstrahlen spenden,
Der mehr als Mensch einst im Betrachten war.
- Das Licht, von dem zurück zu mir sich wenden
Dein Auge wird, rief, bei der Erde Gram
Tiefsinnig ernst, den Tod, um ihn zu enden.
- Sigieri ist’s, der zu der Toren Scham
Einst im Strohgäßchen las und, streng und trübe,
Durch Folgerung auf bittre Wahrheit kam." –
- Dann wie, uns rufend, früh der Uhr Getriebe,
Wenn Gottes Braut aufsteht, das Morgenlied
Singend dem Bräutigam, daß er sie liebe,
- Hierhin und dorthin kreisend drängt und zieht
Tini tin! verklingend in so süßem Tone,
Daß frische Lieb’ in frommen Herzen blüht;
- So regte sich die edle Strahlenkrone,
Mit Süßigkeit im himmlischen Gesang,
Die nur begreift, wer dort am Sternenthrone
- Die ewig ungetrübte Lust errang.
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