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94.

Basel, 19. Febr. 1889.

Dass Sie so an das Bureau gefesselt sind, erregt mein volles Bedauern, weil ich weiss, wieviel Sie damit verlieren beim Andenken an Ihre bisher so freie Verfügung über Kommen und Gehen. Auch das vollste Mass von Arbeit kann man leicht ertragen, wenn man nur die Zeit selbständig einteilen darf, so wie ich es in den mühevollsten Zeiten meines Amtes konnte.

Gegenwärtig bin ich dauernd im Gefühl des Abnehmens der Kräfte; neben mehreren andern Gebrechlichkeiten ist, wie ich glaube, ein Herzleiden im Anzug, welches nun einmal Erbkrankheit in unserem Hause ist. Meinem Bruder geht es insofern erträglich, als er in seinem Phantasieren abwesend ist und dann offenbar nicht leidet, aber seine Erlösung ist nur eine Frage der Zeit, und einer nahen Zeit. Wahrscheinlich wird bei irgend einem Erstickungsanfall die Konstitution nicht mehr stark genug sein zum Widerstande, und es tritt ein, was man einen Herzschlag nennt. Inzwischen probiert der Doktor noch hie und da ein neues Mittel, womit ein kürzeres oder längeres Hinhalten erreicht wird. Ich präge mir alles ein, damit ich auch mein Ende kenne. Einstweilen lese ich fünfstündig per Woche weiter und bilde mir ein, dass es noch einige Zeit so gehen werde.

Paris ist jetzt le gâchis des gâchis. Hochkomisch ist die vergrösserte trève des confiseurs zugunsten der Weltausstellung; man schimpft und flucht, aber alle voies de fait müssen einstweilen sorgfältig vermieden werden, damit die Amerikaner (welche bereits über den ganzen Sommer alle Dampfer doppelt und dreifach belegt haben) nicht vergelstert Ängstlich werden. werden; Figaro hat seinen lieben Parisern vorgerechnet, diese Yankees würden wohl eine Milliarde auf ihrem Pflaster liegen lassen. – Auch die Wahlen möchte man um jeden Preis bis nach der Ausstellung verschieben, doch könnten Stimmungen und Lagen eintreten, bei welchen die Wahlen plötzlich unvermeidlich würden binnen Wochenfrist. Freilich das ganze bekannte Personal ist usé jusqu'à la corde und man nimmt bald keinen Menschen mehr für ernst. Der Figaro hat dieser Tage mit charmantem Hohn dargestellt, wie auch Boulanger sich selber nicht au serieux nimmt. Jedermann steht nun daneben und sieht zu, was denn endlich daraus werden wolle?

20. Febr.

Wir müssen uns in Geduld fassen, wenn für uns beide jetzt die Tage da sind, von welchen es heisst, sie gefallen mir nicht. Wie viel unglücklichere Leute gibt es nicht in unserm Stand! Das sind nun alte Philisterreden, aber sie sind wahr und für uns passend.

So wie Sie ein Parisien par Sehnsucht, so bin ich ein Romano und werde doch nie mehr nach Rom kommen, und das Rom, welches ich gern hatte, lebt ja ohnehin nicht mehr. Also Pazienza!


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