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Basel, 27. Dez. 1881.
Zunächst meine besten Wünsche auf ein glückliches (oder nach unsern Erfahrungen wenigstens leidliches) neues Jahr! (oder: ein möglichst schmerzfreies!)
Unter dem Vorwand, dass Theater so feuergefährlich seien, gedenke ich mich allgemach vom Opernbesuch zu dispensieren; ich habe mich schon lange immer nur dazu zwingen müssen und weiss, dass es auch andern Greisen so geht. Dafür mache ich des Abends viel Musik für mich und trinke meinen Schoppen dazu. Wenn es kälter wird jedoch, gehe ich wieder mehr in die Halle, weil man im Bette so schön warm kriegt, wenn man eine Strecke gegangen ist. Man wird allmählich ein ganz erschrecklicher Egoist, doch darf ich sagen, dass ich manchen Leuten von Herzen Gutes gönne.
Ich beneide Sie um Ihre Anwesenheit an jener grossartigen Gant im Hotel Drouot; Sie wissen nun wenigstens von einer Gemütsspannung, die ich nur aus der famosen Auktion in der Dame blanche kenne. – Die enormen Preise für alte Bilder geben sehr zu denken; hier war es wohl eine öffentliche Sammlung, welche das Bild so hoch ersteigerte, aber die Privatangebote allein trieben den Preis so weit hinauf. Es ist, als ob die reichsten Leute keine sicherere Anlage mehr wüssten als alte Bilder; nur könnte es kommen, dass in zehn Jahren – je nachdem die Welt fährt – die Preise auch wieder heruntergingen, statt sich abermals zu verdoppeln.
Zu Ihrem Aquarellieren meinen besten Glückwunsch, und wegen der Modelle genieren Sie sich doch ums Himmels willen nicht! – Brauchen Sie auch ja Ihren Vorteil, nämlich Ihre Fertigkeit in der architektonischen Perspektive, welche der côté faible der übrigen Aquarellisten ist, indem dieselben als Maler gebildet und daher in den Architekturen meist sehr liederlich sind. Glauben Sie nur, es gibt eine Spécialité, Prachtarchitekturen (ganze oder ruinierte) mit Staffage oder sogar mit eigentlichen Genreszenen, und diese Spécialité wird kaum gepflegt und man kann damit zu etwas gelangen. Vor zweihundert Jahren war Joh. Bapt. Weenix darin gross. Prächtige Renaissance à la Mantegna, bauliche Hintergründe aus den Bildern des fünfzehnten Jahrhunderts wären Anlässe hiefür.
Ihren Abscheu gegen massenhafte technische Apparate bei Ausstellungen teile ich von ganzem Herzen. Ich glaube ja, dass man alles mögliche erfinden kann, will aber damit ungeschoren bleiben. Wenn man mir aber damit kommen will, dass mir die Resultate solcher Erfindungen, wie Eisenbahnen usw., doch auch schmeckten, so antworte ich, je älter ich werde, mit um so grösserer Entschiedenheit: Als wir das alles noch nicht hatten, war die Welt glücklicher und zufriedener, die Ankenwecklein Die Buttersemmeln. besser und der Markgräfler so gut wie er nicht mehr ist. Die Oper in Basel war vor fünfundvierzig bis zweiundvierzig Jahren so gut als jetzt und nicht halb so teuer; wer aber reiste, sah sich die Sachen recht an, weil er nicht wusste, ob er wieder desselbigen Weges kommen würde, und die grössten Kunstwerke existierten schon und die besten Bücher waren schon geschrieben. Ich könnte noch weiter fortfahren als laudator temporis acti.
Übrigens altere ich nicht allein, auch Annita Die Hebe der Veltliner Halle., deren Begrüssung ich vermeldet, altert etwas, nur werden die Augen sie noch geraume Zeit über dem Wasser halten.
Nach Paris komme ich schwerlich wieder; wenn ich Leben und Gesundheit habe, muss ich nächsten Sommer nach Berlin, wo sich ganz gewaltige Kunstschätze aufgehäuft haben, seit ich nicht mehr dort gewesen.