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54.

Basel, Donnerstag, 10. März 1881.

Schönen Dank für den so sprechenden Situationsplan Ihrer neuen Wohnung. Sie fürchten wenigstens nicht wie Louis XIV. den Blick auf die Gegend von St. Denis; er ist ja deshalb von St. Germain weggezogen, weil man von dort den Turm von St. Denis sieht und er nicht an sein künftiges Begräbnis erinnert sein wollte. Nun werden wir freilich voraussichtlich nicht in St. Denis begraben werden und gedenken überhaupt unserer künftigen resp. Ruhestätten gleichmütiger als jene stolze Perücke der ihrigen.

Besten Dank für Ihre Teilnahme, weil nun das peso der öffentlichen Vorlesungen von meinem Nacken genommen ist. Was mich einigermassen fuxt, ist, dass kaum einer von meinen HH. Kollegen sich Ambition genug zugelegt hat, um ebenfalls Historisches oder was es sei, frei vorzutragen, alle lesen Abhandlungen vor. Und doch ist der freie Vortrag keine Hexerei und hängt nicht an meiner Person.

Merkwürdig war's, dass auf Donato hin in der sechsten Klasse des Gymnasiums das Magnetisieren mehreren Schülern richtig geriet. Rektor Prof. Fritz Burckhardt hat die Leute durch ruhige Vorstellungen einstweilen davon abgebracht. Es ist ein unheimliches Gebiet, aber leugnen soll man mir's nicht mehr.

Die idealen Gestalten in der Mitte des Hémicycle verraten in Delaroche den höchsten Takt; wenn er auch nur etwas mehr hätte geben wollen, so wäre es zuviel gewesen, weil die Stelle ja im Grunde doch nur die Mitte eines Frieses ist. Die bildschöne gewaltige Weibsperson in der Mitte wirkt herrlich, weil sie die einzige ist; ein ganzer Olymp, womit es andere würden haben zwingen wollen, würde ganz aus dem Stil fallen.

Um die Aquarellausstellungen habe ich mich in grossen Städten niemals umgetan und bereue es jetzt. Von Jaquemard sind zierliche Sachen in der neusten Gazette des beaux arts. – Die Vierge au lapin im Louvre, obwohl im Raum nicht am besten angeordnet, ist ein berühmtes Bijou; das Motiv ist gar zu lieblich. Und etwas Tierquälerei ist ja in Italien selbstverständlich.

Freitag.

In Passy bin ich schmählicherweise niemals gewesen, aber ich kenne von andern Quartieren her den Enthusiasmus eines Teiles der Architekten der dreissiger und vierziger Jahre für das eigentliche Italien, wovon das Palais du Quai d'Orsay das Hauptprodukt wurde. Als der Style de l'Empire unter der Restauration völlig kahl und tot geworden war, machten Percier, Fontaine, Visconti u. a. m. ihre Mappen auf und zeigten, dass sie es auch anders könnten; in den zwanziger Jahren war Huyot, der Lehrer meines Schwagers Berri Der Erbauer des Basler Museums., bereits Enthusiast für Bramante. Aber sehr bald begann der Style François I. dies Tun zu kreuzen, das Seitherige liegt aller Welt vor Augen. Zwischen hinein hatten einige Leute bei den Anfängen der romantischen Schule, als man Walter Scott las, auch dasjenige Konditor-Gotisch kultiviert, welches man Style Troubadour nennt und wovon in den vierziger Jahren noch die lächerlichsten Spezimens hie und da in Paris zu sehen waren, die seither wohl verschwunden sind. Lyon hat noch einiges in der Art, zum Teil von Pollet.

Nun ist es 11 Uhr und ich muss ins Kolleg.


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