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Wer hat Friedrich II. »Groß« gesprochen?«

Manfred: »Ich glaube, der Beiname »der Große« ist Friedrich in der Öffentlichkeit zum ersten Male im Jahre 1740, nach der Schlacht von Mollwitz, beigelegt worden. Vorher hatte Voltaire schon in seinen Briefen den Kronprinzen einen kommenden »König Salomo« genannt – »er behandelte mich wie ein überirdisches Wesen; ich antwortete ihm als einem Salomo; solche Titel kosteten ja nichts«, erzählte später Voltaire über die Entwicklung der Titulatur. Friedrichs Nachricht, er habe die Schlacht von Mollwitz gewonnen, erhielt Voltaire im Schauspielhause der Stadt Lille, wo gerade sein in Paris verbotener »Mahomet« aufgeführt wurde. Voltaire las Friedrichs Depesche in der Pause den Zuschauern vor und erntete selbstverständlich stürmischen Beifall, da Friedrichs Sieg ja gegen den deutschen Kaiser errungen war, dem die Franzosen damals Flandern abnehmen wollten. Zweierlei ist dabei beachtenswert; einmal, daß der »große« Kriegsheld, dem dieser Beifall gespendet wurde, die Schlacht, als deren Sieger er sich durch Eilboten an Voltaire rühmte, in Wirklichkeit verloren hatte, »aber« – so schildert der Preußenschwärmer Hans Delbrück den Sieg – » als der vermutlich stark aufgeregte König entfernt war, gelang es Schwerin, die Infanterie und Artillerie wieder zum Vorgehen zubewegen.« Bemerkenswert ist ferner, daß das Stück »Mahomet«, bei dessen erster Aufführung Voltaire den jubelnden Zuschauern seinen Freund Friedrich als den »großen König« vorstellte, dasselbe Stück ist, mit dessen Übersetzung Goethe sechzig Jahre später seine Zweifel an der Größe Preußens und sein Vertrauen auf Napoleon öffentlich kundgetan hat.«

»Nach der Schlacht von Roßbach ist Friedrich II. erst recht in England und gerade in Frankreich als »der Große« gefeiert worden. {Verw. auf Anmerkung} Macaulay, der sonst nicht viel Gutes an Friedrich II. entdecken kann, wird lyrisch vor Begeisterung, wo er von der Schlacht von Roßbach singt, »dem größten Siege über die Franzosen, den die germanische Rasse seit Karl dem Großen erfochten«, wo die »Befreiung Mitteleuropas« (!) vollbracht und »die alte Freiheit des Rheins behütet« …; und wo nebenbei Amerika den Franzosen abgenommen und wo, ganz nebenbei, der von Kaunitz und Frau von Pompadour vorweggenommene Gedanke Napoleons, die Einigung des europäischen Festlandes gegen die englische Weltherrschaft, von Seydlitz niedergeritten wurde. Doch von alledem spricht Macaulay an dieser Stelle nicht, damit sein Loblied von preußischen Geschichtschreibern ungekürzt abgeschrieben werden kann. Was Macaulay sonst über Friedrich II. zu sagen hat, wird in Preußen selten abgeschrieben.

»Der vom Auslande für willkommene Dienste gewährte Titel »der Große« erinnert erstaunlich an die drei deutschen Königstitel, »welche«, wie Kaiser Friedrich sich einmal ausdrückte, »wir in schmachvollster Zeit von Napoleon I. erhielten, damit die Zerstückelung Deutschlands für immer befestigt sei«. Diese Worte Kaiser Friedrichs klingen gut deutsch; infolge der preußischen Augentäuschung, unter der er begreiflicherweise leiden mußte, konnte er aber nicht ganz so deutsch sprechen wie Prinz Eugen, der seinem Kaiser sagte, daß die kaiserlichen Räte gezüchtigt zu werden verdienten, die ihren Herrn zur Genehmigung der preußischen Königskrone und damit zur »Zerstückelung Deutschlands« bestimmten.« So berichtet Mirabeau. In den »Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte« (V, 442) wird festgestellt, daß Prinz Eugen diese Minister »aufhängen lassen wollte«. Friedrich II. wußte wohl, warum er den Prinzen Eugen den »Helden Deutschlands« nannte.« (Vgl. oben S. 204.)

Pfarrer Dietrich: »Wehe den armen Deutschen, wenn Gott nicht die preußischen Könige gesandt hätte. Sie sind es, die »Preußen an die Spitze der Reformen, der Aufklärung, der liberalen Institutionen und einer vernünftigen Freiheit gestellt haben«, wie Moltke schon 1832 anerkannte. Und als den Größten dieser Könige werden wir stets Friedrich den Großen dankbar verehren.«


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