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Ibsen an Emilie Bardach

[München,] den 6. Dezember 1889.

Zwei liebe, liebe Briefe habe ich von Ihnen erhalten und bis jetzt keine Antwort gegeben! Wie denken Sie von mir? Aber ich kann noch immer nicht die nötige Ruhe finden, um Ihnen etwas Ordentliches und Ausführliches zu schreiben. Heute abend muß ich ins Theater gehen, um einer Aufführung vom »Volksfeind« beizuwohnen. Es ist mir eine wahre Pein, nur daran zu denken. – Vorläufig muß ich also auf Ihre Photographie verzichten. Aber besser so, lieber warten, als ein nicht befriedigendes Bild zu bekommen. Und außerdem – wie lebendig steht Ihre liebliche, durchlauchtige Erscheinung in meiner Erinnerung! Ich glaube nämlich noch an eine rätselhafte Prinzessin, die dahinter steckt. Aber das Rätsel selbst? Nun ja, – man kann ja allerhand darüber träumen und recht viel Schönes hineindichten; und das tue ich auch. Es ist doch jedenfalls ein bißchen Ersatz für die unerreichbare und – unergründliche Wirklichkeit. In meiner Phantasie sehe ich Sie immer mit Perlen geschmückt. Perlen lieben Sie ja so sehr. Es liegt etwas Tieferes – etwas Verborgenes in dieser Neigung. Aber was eigentlich? Darüber grübele ich recht oft. Glaube auch dann und wann, daß ich den Zusammenhang gefunden habe. Aber dann wieder nicht. – Einige von Ihren Fragen werde ich vielleicht nächstes Mal zu beantworten versuchen. Habe aber selbst Ihnen gegenüber so viele Fragen zu stellen. Tue es auch – innerlich – unaufhörlich.

Ihr ergebener
H. I.

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