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Schwärmende Herzen

Luise Nast an Friedrich Hölderlin

[Maulbronn, um Weihnachten 1788.]

O lieber Fritz! Da sitz' ich und habe fast alle Deine Briefe vor mir, das ist mein einziges Vergnügen, und da ist mir's so über alles wohl, bin so glücklich, wann ich allein sein kann, es ist schon wirklich 12 Uhr, und doch konnte ich mich nicht satt lesen, o es ist meine liebste Lektüre. Hast recht, er machte mir viele Sorge, Dein lieber Brief, ganze Nächte konnte ich nicht schlafen, und doch ist er mir so lieb, daß ich um aller Welt Schätze ihn nicht gäbe; o Dich haben, welche Seligkeit, und Fritz, noch so lange bis Ostern, noch so lange Dich nicht sehen, so lange von dem getrennt sein, der mein alles ist. Doch der Gedanke, daß Du mein bist, mein bleibst, nicht wahr, lieber Fritz? Auch jahrelang Trennung macht Dich nicht kälter gegen mich, o nein, Du bleibst der l. Fritz, der Du warst bei Deinem letzten Besuch, ich weiß sie alle noch, die lieben Worte, tief sind sie in meinem Herzen, auch Du wirst sie noch zurückrufen können, diese seligen Freuden, auch ich bin manchmal so glücklich, mir sie vorträumen zu können, o und letzthin einen herrlichen Traum, den ich um alles nicht gäbe, Du standst oben, wo man ins Kloster geht, wirst es wohl noch wissen, ach vergangene Zeiten, wo ich Dich so oft sah, strecktest Deine Arme sehnend nach mir aus, Gott im Himmel, welcher Anblick, Deine schwarze Kutte, alles wieder wie vorher, ach, und es war ein Traum, sie sind entflohen, die glücklichen Zeiten, stummer Schmerz tritt an ihre Stelle, und warum dies alles, diese Klagen? mein Fritz ist ja noch mein, er ist mir noch so treu wie hier, o er ist noch mein, auch mich soll nichts von Dir trennen, kein Unglück, kein Schicksal, nur Dich und eine Hütte, so schlecht sie ist – sie ist mein Königreich, o mit Dir sind auch dornige Wege mit Rosen bestreut. O Gott, lieber Vater, an deiner Hand werden sie doch auch vorübergehen die Jahre der Trennung, sie flieht ja sonst schnell, deine Zeit, aber der Liebe werden es Ewigkeiten sein, nicht lange mehr wird wieder ein Paar aus meiner Freundschaft das Band der ewigen Treue knüpfen, das liebe Mädchen ist wirklich hier, meine Heinerike, sie scheint recht vergnügt, wir haben schon viel von Dir, Lieber, geschwatzt, wir erinnern uns oft an die glücklichen Zeilen in Leonberg, und tausendmal dankte ich ihr vor ihre Liebe, das gute Mädchen, wann sie nur recht glücklich wird, sie hat es nur an uns verdient, lieber Fritz, schreib nur recht viel, ich freue mich schon wieder auf nächsten Botentag, o es waren lange Feiertage, keinen Brief konnte ich nicht von meinem Fritz bekommen, leb' wohl, schlaf wohl, es ist schon recht spät, ewig

Deine Luise.

Von meinen Schwestern recht viele Grüße.

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