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Jean Paul an seine Frau Karoline

[Heidelberg, Juni 1818] Dienstags.

Für Dich allein.

Dein letzter Brief hat mich wieder etwas gefreut, obgleich noch Irrtümer genug darin sind. Nicht von außen, sondern bloß von Dir kam hier wie in Frankfurt meine anfängliche Traurigkeit her. Jetzo genieß' ich schon heiterer, da ich wieder auf eine himmlische Zeit rechnen darf, die ich immer nach meiner Ankunft genossen. Ich komme auch stets gegen andere, gegen Kinder und Baireuter besser zurück, weil ich unterwegs mein Grundsätzebuch (Du kennst es wohl gar nicht) recht durcharbeite und einwurzeln lasse. – Einen Mann bringt nichts mehr auf als Grundlosigkeit und Leiden für ein Etwas, das schon vor 2 Jahren ein Nichts war, jetzo aber gar noch mehr vernichtet ist. Ich denke weit wärmer an einige in Frankfurt und Offenbach als an S[ophie Paulus], gegen die ich vielleicht jetzo, da ich nur einmal bei ihr war, fast zu hart bin, wiewohl mich die Menge meiner hiesigen Bekanntschaften entschuldigt. – Du hältst leider meine ertragende Ruhe für Kälte, indes sie nur Frucht meiner Selberbezwingung und Liebe ist, zuweilen auch die Scheu vor heftigen Erklärungen, die ich kaum in der Liebe mehr begehre. – Sage ja nur nichts Hartes; ein Brief nimmt gar zu viel und zu lange, bis ein zweiter wieder gibt. – Und so lebe froh, liebe Seele, und empfange mich so wie sonst und mit der Liebe und Freude, die ich mitbringe ...

Löbigau, den 4. September 1819.

Du siehst, meine geliebte Karoline, wie ich das feinste Papier nicht schone noch mein bißchen Zeit, um nur seit gestern wieder heute an Dich zu schreiben. Gestern abend bei Tische trank die herz- und liebreichste unter den Töchtern, die Herzogin von Aceranza( Johanna) mit der Mutter und mir und der Ende Deine Gesundheit. Dorothea (so will ich immer die Mutter der Kürze wegen nennen) hat mir versprochen, in Baireuth eine Nacht zu verweilen und Dich zu besuchen. Jetzo zieh' ich sie ihrer Güte und Seelenfülle wegen allen hier vor. Gestern abends vor dem Tee (um 9 Uhr) wurde Blindekuh gespielt, von jungen Mädchen und Gräfinnen und dabei sitzenden Herzoginnen an bis zu ernsten Leuten hinauf wie Graf Schulenburg und der steife lange Schink. Ich schlug gleich, da ich den Schnupftuch-Orden bekam, das neue Gesetz an, daß jeder Herr die Dame, die er fange, küssen müsse, ein Gesetz, das niemand hielt als ich allein. Ich fing viel. Endlich erfaßte ich auch die Herzogin-Mutter selber. Als das Tuch herab war, macht' ich natürlich nichts weiter als eine der ehrerbietigsten Verbeugungen, erhielt aber dafür zum Lohne von ihr einen Kuß auf die Stirne. Ich wollte, allen Männern in der Welt würde nie etwas Schlimmeres auf die Stirn gesetzt. Als sie später wieder an das erinnerte, was sie gegeben, versetzte ich sehr artig: dies sei ein Diamant, einem armen Haushalten geschenkt gewesen, das nicht wisse, was es damit anfangen solle ...

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