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Lassalle an Helene v. Dönniges

München, den 20. August.

Helene! Ich schreibe Dir, den Tod im Herzen. Rüstows Depesche hat mich tödlich getroffen. Du, Du verrätst mich! Es ist unmöglich! Noch, noch kann ich an so viel Felonie, so furchtbaren Verrat nicht glauben. Man hat Deinen Willen vielleicht momentan gebeugt, gebrochen, Dich Dir selbst entfremdet; aber es ist nicht denkbar, daß dies Dein wahrer, Dein bleibender Wille sei. Du kannst nicht jede Scham, jede Liebe, jede Treue, jede Wahrheit von Dir geworfen haben bis zu diesem äußersten Grade! Du würdest in Verruf gebracht und entehrt haben alles, was Menschenantlitz trägt – Lüge wäre jedes bessere Gefühl, und wenn Du gelogen hast, wenn Du fähig bist, diesen letzten Grad der Verworfenheit zu erreichen, so heilige Eide zu brechen und das treueste Herz zu zerstören – unter der Sonne gäbe es nichts mehr, woran irgendein Mensch noch glauben dürfte!

Du hast mich mit dem Willen erfüllt, nach Deinem Besitz zu ringen; Du hast gefordert, zuerst alle konvenablen Mittel zu erschöpfen, statt Dich von Wabern zu entführen; Du hast mir die heiligsten Eide mündlich und brieflich geschworen; Du hast mit noch in Deinem letzten Schreiben erklärt, daß Du nichts, nichts bist, als mein liebendes Weib und keine Gewalt der Erde Dich abhalten soll, diesen Entschluß auszuführen. – – Und nachdem Du dieses treue Herz, das, wenn es sich einmal ergibt, sich für immer ergeben hat, gewaltsam an Dich gezogen – schleuderst Du mich, nachdem der Kampf kaum begonnen, nach vierzehn Tagen hohnlachend in den Abgrund, verrätst und zerstörst mich? Ja, es wäre Dir gelungen, was nie einem Schicksal gelang, Du hättest den härtesten Mann, der allen äußern Stürmen stand, ohne zu zucken, zertrümmert, zerbrochen! ...

Helene! Mein Schicksal steht in Deiner Hand! Aber wenn Du mich zerbrichst durch diesen bübischen Verrat, den ich nicht überwinde, so möge mein Los auf Dich zurückfallen und mein Fluch Dich bis zum Grabe verfolgen! Es ist der Fluch des treuesten, von Dir tückisch gebrochenen Herzens, mit dem Du das schändlichste Spiel getrieben. Er trifft sicher!

... noch einmal will und muß ich Dich persönlich und allein sprechen. Ich will und muß das Todesurteil aus Deinem eignen Munde hören. Nur so werde ich glauben, was sonst unmöglich scheint!

Ich betreibe hier weiter Schritte, Dich von hier aus zu erringen, und komme dann nach Genf!

Mein Los über Dich, Helene!

F. Lassalle.

*


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