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Königin Luise von Preußen an Friedrich Wilhelm III.

Den 27. Juni 1807.

Ich erkenne deutlich die ganze Größe Deiner Freundschaft daran, daß Du mir einen so ausführlichen Brief in einem Augenblicke schreibst, wo Dir mit aller Gewalt der Kopf schwindeln mußte. Ich bin in einem unbeschreiblichen Zustande Deinetwegen, wegen der guten Sache und der Folge des Augenblicks. In Deinem Briefe sind Stellen zum Verrücktwerden, denn den unfaßbaren Eifer, einander zu besuchen, lasse ich gelten, aber was ich nicht fasse und niemals fassen werde, ist der Aufenthalt der drei gekrönten Häupter in Tilsit, und ich glaube noch, daß Du mich zum besten hast, indem Du mir das schreibst. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit!

Aber eins, das ich Dich wohl »zu beherzigen« beschwöre, ist, alle Energie, deren Du fähig bist, in dieser ganzen Sache anzuwenden und auf nichts einzugehen, was Deine Unabhängigkeit zerstören könnte. Das Unglück muß uns wenigstens die große Lehre gegeben haben, daß wir »so haben entbehren lernen, daß uns solche Art von Aufopferung«, die Aufopferung von Land nichts sein muß im Vergleich zur Aufopferung unsrer Freiheit. Napoleon mag Dir die Hälfte des Landes, das Du besessen hast, nehmen, wenn Du nur das, was Dir zugestanden wird, in vollem Besitz bewahrst, mit der Möglichkeit, Gutes zu tun, die Untertanen, die Dir Gott lassen wird, glücklich zu machen und in der Politik die Bündnisse einzugehen, zu denen die Ehre Dich ruft und Deine Neigungen Dich tragen. Hardenberg darf nicht geopfert werden, auf keinen Fall, wenn Du nicht den ersten Schritt zur Sklaverei tun und Dir die Verachtung der ganzen Welt zuziehen willst. Du hast zwei Mittel, ihn zu erhalten, die Du nicht vernachlässigen darfst; das erste ist der Kaiser Alexander, der aus Überzeugung, aus Freundschaft für Dich seiner ganzen Beredsamkeit bedürfen wird, um den Feind des Guten zu überzeugen; zweitens sprichst Du selbst, lieber Freund, sehr gut, wenn Du Dich einmal vorbereitet hast. An Deiner Stelle sagte ich Napoleon, er möge wohl erkennen, wie wenig Du seinem Verlangen nachgeben könntest, da das hieße, Dich Deines besten Dieners zu berauben; daß das so wäre, als wenn Du die Entfernung Talleyrands verlangtest, der jenem trefflich dient, aber über den Du zu klagen Grund hättest, und dem Du nicht traust, damit er also selbst sähe, Ihr wäret ganz und gar zu zweit im Spiele. Ich wage noch einmal, Dich inständig zu bitten, alle Tatkraft, deren Du fähig bist, bei dieser Sache anzuwenden. Ich wiederhole es: Was ist das Opfer an Land im Vergleich zu dem Opfer an Freiheit des Geistes, des ehrenhaften Handelns, mit einem Worte der unabhängigen Macht? Du würdest schlecht und erbärmlich mit Napoleon werden, ein Gespött der Welt ...

Denkt man denn nicht an einen allgemeinen Frieden? Denkt man nicht, daß er allein uns retten kann, so wie wir sind? Nur bei einer völligen Einigung Nordeuropas kann man noch hoffen, der Sklaverei zu entgehen, dem Schicksal, einer nach dem anderen durch die Hydra verschlungen und verzehrt zu werden. Der Gedanke, den Du so oft für Norddeutschland ausgesprochen hast, muß jetzt für Nordeuropa befolgt werden. » Alle für einen, einer für alle.« Ich mißtraue diesem Aufenthalt in Tilsit sehr; Du und der Kaiser, die Ihr die Rechtlichkeit selber seid, mit der Verschlagenheit, dem Teufel, »Doktor Faust und sein Famulus«, das wird niemals gehen, »und keiner ist dieser Gewandheit gewachsen«. Um so schlimmer »und Gottlob!« ...

Adieu, mein lieber Freund, ich verlasse Dich, um mich irgendwohin zu schleppen. Wie werden wir uns wiedersehen? Ich fürchte, unglücklicher als beim Verlassen, denn ich kenne nichts Gräßlicheres, nichts Schrecklicheres als dem Freund zu sein, der in seinem Busen nichts birgt als Unglück, Verzweiflung und Tod. Adieu, der Gott der Barmherzigkeit segne Dich, er gewähre Dir die Wohltaten, die ich Dir wünsche. Das Gebet stärke Dich, er verläßt die nicht, die ihn nicht verlassen. Nur Standhaftigkeit, keine Nachgiebigkeit, die Deiner Unabhängigkeit Nachteil bringen könnte. Der Kaiser muß und wird Hardenberg unterstützen, so wie Du auch. Adieu, tausendmal adieu! Gott sei mit Dir, wie die Wünsche Deiner Freundin, die Dir gewiß sind.

Luise.

*


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