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Garibaldi an Anita Riveiro di Sylva

Subiaco, den 19. April 1849.

Geliebteste Anita! Ich schreibe Dir, um Dir mitzuteilen, daß ich wohlauf bin und mit Colonna auf Anagni marschiere, wo ich vielleicht morgen ankommen werde; wie lange ich dort bleibe, kann ich Dir jetzt noch nicht sagen. In Anagni erhalte ich die Gewehre und die übrige Ausrüstung für die Truppen. Ich beruhige mich nicht früher, als bis ich einen Brief von Dir habe, der mir bestätigt, daß Du glücklich in Nizza eingetroffen bist. Schreibe mir umgehend, ich muß von Dir Botschaft haben, meine liebste Anita; teile mir Deinen Eindruck von den Ereignissen in Genua und Toscana mit. Du starkes und heldenhaftes Weib! Wie verachtungsvoll mußt Du auf dieses entmannte Geschlecht der Italiener niederblicken, auf diese meine Landsleute, die ich so oft mit Seelengröße zu erfüllen versucht habe, und die es nicht verdienen! Es ist wahr, der Verrat hat jeden mutvollen Aufschwung gelähmt. Doch wie dies auch sei, wir sind entehrt; der italienische Name ist für die ganze Welt zu Schmach und Spott geworden. Ich bin darüber empört, daß ich zu einer Familie mit so viel Feiglingen gehöre, aber denke nicht, daß ich darum den Mut verloren habe und an der Zukunft des Vaterlandes verzweifle; im Gegenteil, ich hege mehr Hoffnung denn je. Ungestraft kann man einen einzelnen entehren, aber man entehrt nicht ungestraft ein Volk – die Verräter sind nun bekannt. Italiens Herz schlägt noch, und ist es auch nicht ganz gesund, so vermag es doch noch die Krankheitsstoffe abzustoßen, die es leidend machen.

Der Reaktion ist es gelungen, das Volk durch Verrat und Schurkerei einzuschüchtern, aber das Volk wird den Verrat und die Schurkerei der Reaktion niemals vergessen! Erholt es sich erst wieder von seinem Schrecken, so wird es mit furchtbarem Ungestüm aufstehen und dann die feigen Urheber seiner Schmach vernichten.

Schreibe mir, ich bitte Dich nochmals, ich muß Botschaft von Dir haben, von meiner Mutter und den Kindern; um mich brauchst Du Dir keine Sorgen zu bereiten, ich bin wohler denn je und halte mich mit meinen zwölfhundert Bewaffneten für unbesiegbar.

Rom bietet jetzt einen imponierenden Anblick. Alle Tapfern vereinigen sich in seiner Nähe, und Gott wird uns beistehen! ...

Lebe wohl!

Dein
Giuseppe.

*


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