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Berlin, den 6. Dezember 1842. Nach Mitternacht.
Was ich Dir schreiben will, weiß ich noch nicht, wohl aber, daß ich Dir schreiben muß, obschon die Sehnsucht nach Dir all meine Gedanken lähmt! Wie bleibst Du doch lange! – Morgen abend hab' ich Dich vierzehn Tage nicht gesehen, so kleine Zeit für Glückliche, so unerträglich lang, wenn man sie getrennt von seinem Lieb zubringen muß. Was Heimweh heißt, hab' ich in dieser kleinen Vergangenheit erfahren! Wohl muß des Schweizers Sehnsucht nach seinen Alpen groß sein, größer aber ist die nach einem geliebten fernen Wesen. – Dein Herz ist meine Schweiz, Deine Liebe ist mein Alpenland, von dem ich weit, weit hinaus ins Alpenland schaue. Wenn ich bei Dir bin, dünkt mich alles größer, freier – hier ohne Dich verdumpfe ich. Mach', mein Schatz, daß ich meine Höhen bald erklimmen kann ... Mein Leben ist von außen her ziemlich einförmig, desto reicher aber von innen, nur schade, daß, was es hellt und ihm ewigen Wechsel gibt, läßt sich schwer in Worte fassen. Für die höchsten Seelenstimmungen genügt ja aber selten der Ausdruck, nur die auf gleicher Höhe stehen, in demselben Wärmekreise, verstehen einander auch ohne Worte. Ich denke, Du bist in der Nähe, mein Georg, – ich muß es denken, wenn ich ruhig bleiben will. Könnte ich mich doch in diesen Brief verwandeln, der so frei zu Dir kann. Auf meinem Erkerstübchen finde ich eben das Gedicht von Prutz an Dich: »Wilde Rosen«. Du zeigtest es mir eines Tages vorm Abschiede. Damals gefiel es mir wenig, ich fand viel gute Absicht, auch Wärme, aber keinen Schwung darin. – Dies alles fehlt mir heute auch, aber Gott weiß, ob ich genügsamer durch Deine Entfernung geworden, oder ob es nur deshalb mich fesselt, weil es an Dich innig gerichtet, es beschäftigt mich ein wenig. Schlaf wohl, mein liebes Herz, morgen fahre ich fort. Im wunderschönen Monat Mai! Das wird ein Leben geben, mein herzinniger, lieber Schatz. Wir wollen zeigen, was zwei Leute können, die zu derselben Fahne schwören, es ist keines Menschen Kraft zu gering, um das gewaltige Rad in Bewegung zu setzen, und die Begeisterung hat Riesenkräfte; oder weckt Riesenkräfte auch in den Frauen.
Wenn ich Dich nur ganz glücklich mache?!
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